Rechtspopulisten wie Le Pen und Hofer geben dem Elitebegriff eine neue Bedeutung.

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Elite ist das neue Schlagwort – "Gegen Elite und Establishment". Wenn man sich die Schere zwischen Arm und Reich, die kontinuierlich aufgeht, ansieht, macht das durchaus Sinn. In Bezug auf die Arbeitslosenzahlen, die sinkenden Löhne und die steigenden Mieten, die Konzerne, die ihre Schulden auf Kosten der Steuerzahler begleichen, während dieses reichste Prozent immer reicher wird und große Teile des Geldes anhäuft, ist es an der Zeit, gegen Eliten laut zu werden. Mitzubekommen, dass Pensionen sinken, Lebensmittelpreise steigen, Bildung kein Garant für ein abgesichertes Leben mehr ist, Inflationen steigen, Finanzblasen platzen – das macht das Bedürfnis stark, das Establishment in die Knie zu zwingen.

Umdeutung des Elitebegriffs

Man liest ja überall, der einfache Mann, der Bildungsverlierer, ist frustriert von all dem, was jetzt kommt. Die Rechtswähler wählen gegen Elite und Establishment. Das scheint Sinn zu machen, aber dann fällt auf, dass "die Wahl gegen das Establishment" keine Wahl für das Volk ist, sondern für andere Teile der Elite. Die rechte Elite deutet diesen Begriff um, sie verwendet ihn falsch, und viele Medien machen unreflektiert mit.

Plötzlich sind das Establishment nicht die Superreichen, die Gutverdiener in hohen Positionen, die sich großer Privilegien erfreuen. Das wäre ja auch absurd, denn das sind ja eben sie, die Parteichefs rechter, populistischer Parteien, die statt die soziale Frage zu beantworten bekritteln (durchaus zu Recht), dass andere es nicht tun. Elite sind plötzlich all jene, die von fortschrittlichen Gesetzen profitiert haben, denen Rechte gegeben wurden, die ihnen schon immer zugestanden hätten: Homosexuelle, Transgender, Frauen, Kinder aus Arbeiterfamilien, die jetzt studieren.

Elite sind Menschen, die diese Rechte und die Freiheiten, die Reformen und Fortschritte verteidigen. Elite sind die Studierenden, die nach der straffen Ausbildung, während der sie prekär arbeiten, kaum einen Job finden und sich von Befristung zu Praktikum hanteln, höchstens gleich viel wie ein Facharbeiter verdienen, aber auf die Straße gehen für Flüchtlinge, was scheinbar ausreicht, um sie zum Establishment zu zählen.

Der ideologische Kampf

Die "alten" Parteien zum Establishment zu zählen, ja das macht schon Sinn. Die ÖVP war ohnehin schon immer Vertreterin von Großbauern, Konzernen und Bürgertum, die SPÖ – jetzt auch vordergründig am Machterhalt interessiert – weiß schon lange nicht mehr, was Arbeiterklasse bedeutet und fürchtet sich vor jenen, die die soziale Frage stellen. Parteien heute als Elite zu bezeichnen macht Sinn. Die Rechten wie die Mitte, und die die noch behaupten, links zu sein. Diese Elite von Großunternehmern über politische Spitzenverdiener führt gerade einen ideologischen Kampf und versucht diesen zu dem der Völker zu machen, denn sie brauchen das Volk auf ihrer Seite.

Der neue Elitebegriff

Dieser neue Elitebegriff, dieser Hass gegen das sogenannte "Bildungsbürgertum", das schon lange nichts mehr mit Bürgertum zu tun hat, diese Wut gegen all die, die Fortschritte befürworten, dieses "Wir und die Elite" meint "Arbeiter gegen Studenten", "Kleiner Mann gegen große Frau". Diese Umdeutung des Elitebegriffes ist eine großartige Idee der modernen Rechten, um sich selbst von der Elite abzugrenzen, die Bevölkerung auseinanderzudividieren und einen wirklichen Aufstand gegen die echte Elite zu verhindern. Zu dieser gehören die Rechtspopulisten à la Trump, Le Pen und Hofer nämlich alle selbst. (Lucia Palas, 14.12.2016)