Wien – Die ÖVP will sich künftig stärker von der FPÖ abgrenzen. Dies erklärte ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner im Interview mit der "Kronen Zeitung". "Meiner Meinung nach ist die FPÖ derzeit unser größter Konkurrent. Nicht die Sozialdemokraten, da gibt es kaum einen Wähleraustausch", sagte Mitterlehner.

"Wir müssen darstellen, dass wir die besseren Konzepte haben und uns im Gegensatz zur FPÖ auf dem Boden der Rechtsstaatlichkeit bewegen. Ich sehe in dieser Auseinandersetzung, die wir bisher viel zu wenig geführt haben, große Chancen", so der ÖVP-Chef. Bei der nächsten Nationalratswahl werde es die Aufgabe sein, "alles dafür zu tun, dass Strache nicht Bundeskanzler wird".

Einen Bären aufgebunden

Neben FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache kritisierte Mitterlehner auch FPÖ-Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer. "Gott wollte Hofer allem Anschein nach wahrlich nicht helfen. Ich weiß nicht, ober er jetzt gut beraten ist, daraus noch mehr Siegeswillen für ein weiteres Antreten abzuleiten. Ich glaube, was die Schuld am Wahlergebnis betrifft, hat IHM jemand einen Bären aufgebunden", so Mitterlehner in der "Krone" in Anspielung auf Hofers Sager nach der Wahl, wonach ein "schlafender Bär" in ihm geweckt wurde.

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) warnt indes in der "Bild am Sonntag" vor der Ausgrenzung von rechtspopulistischen Parteien wie der FPÖ oder der AfD. Es sei keine Erfolgsstrategie, solche Parteien zu tabuisieren oder deren Wähler zu ächten. Es brauche vielmehr eine inhaltliche Auseinandersetzung. "Dann zeigt sich ziemlich schnell, wie wenig Substanz da ist", so Kern.

Unnötig mystifiziert

"Wir haben die FPÖ und das, wofür sie steht, zu Recht immer abgelehnt. Vom Versuch, sie auszugrenzen, hat die Partei allerdings profitiert. Sie konnte beleidigt in eine Ecke flüchten und sich als Opfer darstellen. Das hat sie unnötig mystifiziert und zum vermeintlichen Rächer der Enterbten gemacht", erklärte der Bundeskanzler der größten deutschen Tageszeitung.

Der deutschen Politik rät Kern, das Phänomen AfD ernst zu nehmen. Inhaltlich gebe es zwischen FPÖ und AfD viele Übereinstimmungen. "Verglichen mit der FPÖ ist die AfD aber noch relativ unprofessionell, heillos zerstritten und kaum kampagnenfähig. Das war in den frühen Phasen der FPÖ sehr ähnlich. Meine Befürchtung ist deshalb, dass der Aufstieg der AfD erst beginnt."

Pröll warnt vor Neuwahl

Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) warnt die Bundesregierung am Sonntag vor einer Flucht in Neuwahlen. Nach einem einjährigen Bundespräsidentschaftswahlkampf sei dies nicht im Interesse der Bevölkerung, sagte Pröll, der am 24. Dezember seinen 70. Geburtstag feiert und als letzter Landeshauptmann Österreichs mit absoluter Mehrheit regiert, im APA-Interview.

Pröll: "Die Skepsis und die Kritik gegenüber dem traditionellen politischen System ist größer geworden. Damit geht Hand in Hand das Faktum, dass die traditionellen Stammwählerschaften in den einzelnen politischen Gruppierungen mehr und mehr schmelzen – zum Teil rasant."

Der Rückschluss des Landeshauptmanns: "Das erste, worauf es ankommt, ist es, eine gut fundierte sachliche Arbeit zu liefern. Wenn man das ernst nimmt, muss jeder, der ein wenig strategisch nachdenkt und nach vorne denkt, doch spüren, dass es nicht allzu viel Sinn hat, in Neuwahlen zu flüchten. Ich warne auch alle davor zu glauben, jetzt ist der Präsidentschaftswahlkampf vorbei, schön langsam legt sich der Staub wieder, der dadurch aufgewirbelt wurde, und das ist eine optimale Ausgangssituation für Nationalratswahlen. Das ist nicht im Sinne der Bevölkerung. Im Sinne der Bevölkerung ist es, miteinander zu arbeiten." (APA, 11.12.2016)