Wien wächst stark. Um die Lebensqualität zu halten, investiere man, heißt es aus dem Büro von Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ).

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Wien – Die Stadt Wien stehe gut da, bilanzierte Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) bei der Präsentation des Budgetvoranschlags für das Jahr 2017 im November. Steigende Einnahmen, aber auch Ausgaben und eine Neuverschuldung von rund 570 Millionen Euro lassen die Opposition vor der Gemeinderatssitzung heute, Montag, in der das Budget Thema ist, jedoch Gegenteiliges vermuten.

Das von Brauner vorgelegte Budget sieht Einnahmen in der Höhe von rund 12,82 Milliarden Euro vor, als Ausgaben werden 13,39 Milliarden Euro prognostiziert. Im dritten Jahr in Folge würde Wien damit eine Neuverschuldung von mehr als einer halben Milliarde Euro erreichen: 2015 wurden 528 Millionen Euro neue Schulden gemacht, im Voranschlag 2016 waren 346 Millionen Euro Neuschulden geplant. Der Gesamtschuldenstand dürfte mit Jahresende 5,9 Milliarden Euro betragen – rund 500 Millionen mehr als 2015. Genaue Zahlen für 2016 werden beim Rechnungsabschluss Mitte 2017 präsentiert.

Pinke: Verschuldung steige noch an

Die Vereinbarung im Stabilitätspakt mit dem Bund, ab 2016 keine neuen Schulden zu machen, dürfte Wien mit dem geplanten Budget also verfehlen. Bis 2020 soll der Haushalt trotzdem strukturell ausgeglichen sein und die Stadt ab dann keine neuen Schulden machen. Dass dies aufgeht, bezweifeln die Neos. "Wenn die Stadtregierung ihre Budgetpolitik der letzten zehn Jahre weiterverfolgt, steigt die Verschuldung der Gemeinde Wien bis 2021 um weitere vier Milliarden Euro auf 9,5 Milliarden", heißt es in einer Berechnung der Wiener Pinken, die dem STANDARD vorliegt.

Rote: Finanzplan sieht anderes vor

Er verstehe nicht, wie die Neos auf diese Schuldensumme kommen, sagt ein Sprecher Brauners. Dazu müssten jährlich weiter mehr als 500 Millionen Euro Schulden gemacht werden – was nicht geplant sei: "Wir haben einen Finanzplan vorgelegt, wie wir bis 2022 wirtschaften." Dieser sieht für 2018 eine Neuverschuldung von rund 380 und für 2019 von 190 Millionen Euro vor, ab 2020 steht die Neuverschuldung bei null.

Die Neos-Analyse der Budgetpolitik zeige, so die Pinken, dass sich Wiens Ausgaben am Wachstumstrend der Jahre 2003 bis 2008 orientieren würden. Heuer wäre demnach ein Bruttoregionalprodukt von 99,2 Milliarden Euro zu erwarten. Doch laut Neos liege es 2016 um rund zehn Milliarden tiefer: bei etwa 89,9 Milliarden Euro.

"Antizyklische Budgetpolitik"

Die Differenz zwischen dem Wachstumstrend 2003 bis 2008 und der realen Wirtschaftsentwicklung würde als Krise angesehen, und in diese würde investiert, um wieder auf den vorgesehenen Pfad zu kommen. Eine "antizyklische Budgetpolitik", wie Brauner es nennt.

Das bedeutet, dass in der Rezession Abgaben gesenkt oder Ausgaben für Subventionen oder staatliche Käufe erhöht werden. "Da das Bruttoregionalprodukt nie auf den Wachstumspfad 2003 bis 2008 zurückkehren wird, ist zu befürchten, dass die aktuelle Budgetpolitik fortgesetzt wird, solange Rot-Grün die Stadt regiert", sagen die Neos.

"Lebensqualität erhalten"

"Wien ist in der Zweiten Republik noch nie so stark gewachsen wie gerade", heißt es aus Brauners Büro. Das habe Folgen. "Wir brauchen Kindergärten und Schulen, das sind die Herausforderungen." Man hätte sich für Investitionen entschieden, um die Lebensqualität zu erhalten. "Hätten wir keine Schulden gemacht, müssten wir etwa bei den Gratiskindergärten sparen oder bei den Investitionen in den öffentlichen Verkehr." Das wären je rund 700 Millionen Euro: "Das ist eine politische Entscheidung", so das Brauner-Büro.

ÖVP will geheime Abstimmung

"Ende 2017 wird der Schuldenstand bei mindestens 6,5 Milliarden liegen. Das ist Verantwortungslosigkeit in Zahlen gegossen", reagierte die Neos-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger schon auf das Budget. "Wir nehmen uns mit dieser Schuldenlast jegliche Handlungsfähigkeit für notwendige Investitionen für die Zukunft."

Auch von der ÖVP hagelte es scharfe Kritik: "Nun explodiert die Neuverschuldung abermals", sagt Landesparteiobmann Gernot Blümel. Brauner würde nicht aus der Krise hinaus investieren, sondern "in die nächste Krise hinein". Die ÖVP geht gar davon aus, dass das Budget keine Mehrheit bekommt, und stellt den Antrag für eine geheime Abstimmung. Teile der SPÖ hätten genug von den "Rekordschulden", vermutet Blümel. Die SPÖ Donaustadt, wo einige innerhalb des Klubs gegen das Budget gestimmt hatten, versicherte nun ihre Zustimmung. (Oona Kroisleitner, 12.12.2016)