In "'Trumponomics' als Rettung für den Euro" (DER STANDARD, 9. Dezember 2016) argumentiert Daniel Gros, dass die Aufwertung des Dollar, der Anstieg der Zinsen auch in Europa, Trumps Steuerermäßigungen für Unternehmen sowie Reiche und sein angekündigtes Infrastruktur-Investitionsprogramm die Eurozone, vor allem aber die Randstaaten wie Italien aus der Krise führen würden und "den Euro retten" könnten.

Ja, die angeführten Programmpunkte könnten der US-Wirtschaft tendenziell einen stärkeren Auftrieb verschaffen. Für die Welt jedoch sind Trumps bisherige Ankündigungen und Nominierungen eine Katastrophe, die auch Gros' positive Einschätzungen nicht ins Gegenteil verkehren: Die angekündigte Subventionierung der US-heimischen fossilen Energiequellen werden den Klimawandel ("eine chinesische Erfindung") weiter verstärken und damit die weltweiten Klimakatastrophen verschlimmern; die angekündigten Importzölle werden nicht nur die Wertschöpfungsketten amerikanischer Hersteller verteuern, sondern auch europäische Exporte negativ betreffen; die angekündigten Steuererleichterungen für die oberen Einkommen werden die Spaltung der amerikanischen Gesellschaft weiter befördern und den Hauptteil der Wähler Trumps weiter frustrieren.

Chinesen füllen Vakuum

Inwieweit das dem Euro helfen soll, sollte Gros sich fragen; und letztlich: Der Rückzug der USA aus internationalen Vereinbarungen, aus den Handelsabkommen, aus den internationalen Organisationen, aus der Geopolitik – all das wird die Volatilität der Weltgesellschaft vergrößern, die Unsicherheiten und letztlich die kriegerischen Auseinandersetzungen. Nicht dass das globale Eingreifen der USA in den letzten Jahrzehnten nicht vielfach destabilisierend war, aber Trumps chinesische "Gegner" werden das Vakuum füllen, welches Trumps Rückzug schafft – und das ist für eine globale gemeinsame Verantwortung erfordernde Politik Gift.

Die Absurdität der Gros'schen Argumentation aber ist, dass er überhaupt nicht auf Europa selbst und seine eigene Verantwortung eingeht. Die schleppende Erholung der EU und Eurozone aus der selbstverursachten Doppelkrise, die riesige Arbeitslosigkeit, der Beinahekollaps der Ökonomien der Randländer, die Deklassierung breiter Bevölkerungsbereiche auch in den reichen EU-Ländern, die fortschreitende Klimakrise, das Auseinanderbrechen der althergebrachten Sozialstrukturen – all das muss Europa selbst lösen. Dabei auf Lösung von außen zu hoffen, wie es Gros offenbar tut, ist vollständig verantwortungslos und politisch kontraproduktiv.

Um eine Schlagzeile zu produzieren, greift Gros zu einer unvollständigen und äußerst einseitigen Analyse über die Ankündigungen Donald Trumps. Um mit des trojanischen Sehers Kalchas Warnung vor dem Trojanischen Pferd zu sprechen: Fürchtet die Gros'schen Analysen, auch wenn sie die Eurorettung versprechen! (Kurt Bayer, 12.12.2016)