Eine Studie zeigte: Ein natürlicher Mechanismus bewahrt die Zelle vor dem Funktionsausfall, indem er dafür sorgt, dass bevorzugt stabilisierende Proteine hergestellt werden, die vor Stress und damit dem "Kaputtgehen" der normalen Proteine schützen.

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Göttingen – Unter Stress können zwar viele Proteine in menschlichen Zellen nicht mehr richtig arbeiten, doch ein natürlicher Mechanismus bewahrt die Zelle vor dem Ausfall. Forscher der Universität Göttingen haben nun herausgefunden, wie diese überlebenswichtige Maßnahme der Zellen funktioniert.

Im Normalbetrieb verläuft die Herstellung eines Proteins immer unter einer Qualitätskontrolle, betonen die Wissenschafter vom Institut für Mikrobiologie und Genetik. Das heißt konkret: Die Gen-Information wird von der Zell-DNA auf die Boten-RNA, die so genannte mRNA, kopiert und aus dem Zellkern ins Zytoplasma – der Grundsubstanz der Zelle – exportiert. Dort übersetzen Ribosomen, die Synthese-Maschinen der Zelle, die mRNA in Proteine. Diese Qualitätskontrolle fällt bei Stress aus.

"Die Zelle nimmt in Kauf, dass die für Stress-Proteine kodierenden mRNAs Fehler enthalten können, um schnell die Stabilisierungsproteine in der Zelle zur Verfügung zu stellen", erläutert Studienleiterin Heike Krebber. Die Qualitätskontrolle erfolgt im Normalbetrieb über Wächter-Proteine. Bei Stress entfernen die Wächter-Proteine den Export-Rezeptor von den mRNAs, sodass normale mRNAs nicht mehr ins Zytoplasma transportiert und in Proteine übersetzt werden. An stressspezifische mRNAs, mit der stabilisierende Proteine hergestellt werden, bindet der Export-Rezeptor jedoch direkt, sodass diese weiter ungehindert ins Zytoplasma gelangen.

Überleben der Zelle sichern

"Das Spannende dabei ist", so Krebber, "dass diese stressspezifischen mRNAs nicht qualitätskontrolliert werden und ohne Wächter-Proteine auf die Reise geschickt werden. Wir haben also einen zellulären Mechanismus entdeckt, mit dem die Zelle stressspezifische mRNAs ohne Kontrolle schnell in Proteine übersetzen lassen kann, was das zelluläre Überleben ermöglicht."

Gesteuert wird der Wächter-Protein-unabhängige mRNA-Export vom "Promoter" der Gene, der wie ein Schalter für die mRNA-Synthese funktioniert. Der Promoter bestimmt, welcher DNA-Abschnitt in Boten-RNA übersetzt wird. Das zeigte sich in Zellen, in denen der Promoter eines normalen Gens durch den eines Stress-spezifischen Promoters experimentell ausgetauscht wurde. Dieser Mechanismus ermöglicht, dass Zellen länger einen Stresszustand überleben können, so die Forscher. (red, 13.12.2016)