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Als dieses Boot sank, starben am 18. April 2015 offiziell 725 Migranten bei der bislang schlimmsten Tragödie im Mittelmeer.

Foto: REUTERS/Antonio Parrinello

Es war die bisher schlimmste bekanntgewordene Flüchtlingstragödie im Mittelmeer: Rund 700 Männer, Frauen und Kinder hatten bei dem Untergang ihr Leben verloren, nur 28 Menschen konnten gerettet werden. Das Unglück ereignete sich etwa 120 Kilometer vor der libyschen Küste vor den Augen der Besatzung eines portugiesischen Frachters, der dem Flüchtlingsboot zu Hilfe kommen wollte: Die Flüchtlinge an Deck stürmten in Richtung der Retter – das überladene Boot kenterte.

Der Schlepper, der das Flüchtlingsboot gesteuert hatte, ist am Dienstag vom Strafgericht der sizilianischen Stadt Catania wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung, Herbeiführens eines Schiffbruchs und wegen Beihilfe zur illegalen Immigration zu 18 Jahren Haft verurteilt worden – sein Gehilfe erhielt fünf Jahre. Beim Hauptangeklagten handelt es sich um einen 27-jährigen Tunesier, sein zwei Jahre jüngerer Komplize stammt aus Syrien. Weil die beiden Angeklagten in ein verkürztes Strafverfahren ohne Berufungsmöglichkeit eingewilligt haben, werden sie nur zwei Drittel der Strafe verbüßen müssen.

Mehrere Faktoren für Unglück

Laut den Aussagen überlebender Zeugen, die sich am Prozess als Zivilkläger beteiligt hatten, war der angeklagte tunesische Schlepper zum Zeitpunkt des Unglücks betrunken gewesen. Laut dem Staatsanwalt von Catania haben mehrere Faktoren das Unglück verursacht – unter anderem die Überfüllung, aber auch ein verfehltes Manöver des "Kapitäns", das zur Kollision mit dem Frachter geführt habe. Die beiden Schlepper hatten während des Prozesses erklärt, sie seien selber ebenfalls nur Passagiere des Schiffs gewesen – eine Aussage, die von den überlebenden Augenzeugen widerlegt worden war.

Italiens damaliger Regierungschef Matteo Renzi ordnete an, das Schiff vom Meeresgrund zu heben. Die Bergung aus einer Tiefe von 370 Metern war schwierig und dauerte mehrere Monate. Ende Juni dieses Jahres war es so weit: "Die ganze Welt soll sehen, was geschehen ist", so Renzi.

4740 Tote im Jahr 2016

Dank der Bergungsaktion kennt man nun relativ genau die Zahl der Toten: Im Schiffsrumpf befanden sich 458 Leichen, weitere 217 bereits weitgehend skelettierte Körper wurden während der Bergung im näheren Umkreis des gesunkenen Bootes auf dem Meeresgrund gefunden. Da einige Opfer von der Strömung abgetrieben worden sein dürften, wird offiziell nun von 725 Todesopfern ausgegangen. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) starben in diesem Jahr bereits mindestens 4740 Menschen bei der gefährlichen Überfahrt nach Europa. (Dominik Straub aus Rom, 13.12.2016)