Außenminister Sebastian Kurz, EU-Nachbarschaftskommissar Johannes Hahn und der slowakische Außenminister Miroslav Lajčák am Dienstag in Brüssel.

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Brüssel/Wien/Sarajevo – Die Außenminister der 28 EU-Staaten sind am Dienstag auf ihrer Suche nach einer gemeinsamen Position zur Türkei-Frage am Widerstand Österreichs gescheitert. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) blockierte in Brüssel Schlussfolgerungen des Rats zur EU-Erweiterung und verlangte stattdessen das Einfrieren der Beitrittsgespräche mit der Türkei. Das wiederum lehnten die anderen Staaten ab.

Kurz hatte bereits im Vorfeld angekündigt, gegen eine EU-Erklärung stimmen zu wollen, wenn diese "die Realität in der Türkei nicht berücksichtige". Zwar sind auch seine Amtskollegen nicht dafür, in der derzeitigen Situation die Beitrittsgespräche offensiv voranzutreiben, ein Einfrieren halten sie jedoch für kontraproduktiv.

Die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei sind vor allem wegen der immer autoritäreren türkischen Politik nach dem Putschversuch vom Juli belastet. Tausende Menschen wurden verhaftet oder verloren ihre Arbeit, Oppositionelle werden infolge der jüngsten Terroranschläge in die Nähe von Terroristen gerückt und kriminalisiert.

Todesstrafe als "rote Linie"

Der Streit innerhalb der EU entzündet sich nun an der Frage, wie man auf die Entwicklung in der Türkei reagieren soll. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier etwa ist klar gegen das Einfrieren der Beitrittsgespräche. "Ich halte das nicht für verantwortungsvolle Außenpolitik", hatte Steinmeier bereits am Montag erklärt und dabei vor schweren Folgen für die Gesamtsituation gewarnt. Eine rote Linie wäre allerdings die Einführung der Todesstrafe in der Türkei.

Schützenhilfe bekommt Steinmeier von seinem luxemburgischen Amtskollegen Jean Asselborn: "Helfen wir dem türkischen Volk – und es sind viele Millionen, die auf die Europäische Union setzen –, wenn wir abbrechen?", fragte Asselborn. "Ich glaube, die Antwort ist Nein." Kurz hingegen weist darauf hin, dass die Türkei sich kontinuierlich weg von der EU entwickle. "In den letzten Monaten hat diese Entwicklung an Dramatik und an Tempo auch noch stark zugenommen", so Kurz.

Auch das Europaparlament hatte erst kürzlich gefordert, dass die EU die Beitrittsverhandlungen wegen der "unverhältnismäßigen" Repressionen nach dem Putschversuch vorläufig einfriert. Im Außenministerrat aber blieb Österreich am Dienstag mit dieser Haltung isoliert. Nach der Blockade durch Österreich wird das Thema nun am Donnerstag beim EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs nicht offiziell behandelt. Unmittelbare Auswirkungen hat das Ausbleiben einer gemeinsamen Erklärung ansonsten nicht.

Unstimmigkeiten mit Serbien

Auch der Streit zwischen Serbien und Kroatien bezüglich der serbischen EU-Beitrittsverhandlungen erreichte diese Woche einen Höhepunkt. Der serbische Premier Aleksandar Vučić reiste am Montag wütend aus Brüssel ab, weil Kroatien angekündigt hatte, die Eröffnung des Kapitels 26 (Bildung und Kultur) blockieren zu wollen. Kroatien verlangt als Bedingung für die Eröffnung des Kapitels, dass die kroatische Minderheit zuvor im Nachbarland mehr Rechte bekommt. (schub, awö, 13.12.2016)