"Man darf nicht alles schwarzmalen", sagt ÖSV-Herren-Cheftrainer Andreas Puelacher.

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Gröden/Wien – Alles kann auch Marcel Hirscher nicht zudecken. Der Skistar zeichnete für fünf der bisherigen sechs ÖSV-Podestplätze in diesem Winter verantwortlich. Ein Abfahrer ist Hirscher aber nicht, auch wenn er gelegentlich Speedrennen bestreitet. Also sollten Matthias Mayer, Hannes Reichelt und Co. für Topplatzierungen in den schnellen Disziplinen sorgen.

In Val d’Isère, vor eineinhalb Wochen, klappte das aber gar nicht. Olympiasieger Mayer, der sein Comeback nach knapp einem Jahr Verletzungsauszeit gab, war als 17. bester Österreicher. Es war das fünftschlechteste einschlägige ÖSV-Ergebnis im Weltcup. Tags zuvor im Super-G war Max Franz Zehnter geworden. Auch da hatte man sich mehr erhofft.

Von einer "Volltetschn" hatte Hannes Reichelt nach der Abfahrtspleite gesprochen. "So ein Ergebnis kann man nicht zweimal fahren", sagte ÖSV-Sportdirektor Hans Pum. Herren-Cheftrainer Andreas Puelacher wollte "die Sache bis Gröden in den Griff bekommen". Jetzt ist Gröden. Am Mittwoch und am Donnerstag wird trainiert, am Freitag steigt der Super-G, am Samstag die Abfahrt.

Aggressivität, Materialabstimmung, technische Mängel

Also, hat man die Sache in den Griff bekommen? Puelacher: "Das sehen wir nach dem Rennen." In den vergangenen Tagen haben die Abfahrer in Saalbach und Zauchensee trainiert. "Bei sehr guten Bedingungen." Das war Puelacher wichtig. Und es wurde analysiert. Bei dem einen oder anderen Athleten, sagt der Tiroler dem STANDARD, hätte es an Aggressivität gemangelt, bei anderen habe die Materialabstimmung nicht gepasst. Bei wieder anderen seien technische Mängel erkannt worden. Und: "Uns fehlt die Leichtigkeit."

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Matthias Mayer fuhr in Val d'Isère als bester des ÖSV-Teams auf Rang 17.
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Die Sache mit dem Selbstvertrauen ist auch so eine Sache. Schon in der Vorsaison sprach man von einer Abfahrtskrise. Das vom Verletzungspech gebeutelte ÖSV-Team blieb sieglos, holte drei Podestplätze in elf Rennen. "Wenn man mit 120 km/h auf die Kamelbuckeln zufährt, muss man Vertrauen haben", sagt Puelacher. Die Saslong in Gröden zählte zuletzt nicht zu den Lieblingsstrecken der ÖSV-Abfahrer – seit 2008 (Walchhofer) sind sie dort sieglos.

Die starken Norweger

Das will Puelacher aber nicht als Ausrede gelten lassen. "Ich will eine deutliche Steigerung sehen." Er glaubt aber nicht, "dass wir ganz vorne mitfahren werden". Das stärkste Speedteam hat derzeit Norwegen. In Val d’Isère feierte Kjetil Jansrud einen Doppelsieg. Aksel Lund Svindal wurde Zweiter und Dritter. Aleksander Aamodt Kilde, in der Vorsaison Gewinner der Super-G-Gesamtwertung, ist der dritte starke Speedfahrer im Team des österreichischen Cheftrainers Christian Mitter. Puelacher: "Die Norweger zu schlagen, wird ganz schwer."

Österreichs Abfahrer warten seit 21. März 2015, seit Reichelts Erfolg in Kvitfjell, auf einen Sieg. Puelacher: "Wir werden schon wieder gewinnen." Der Tiroler glaubt daran, dass die ÖSV-Speedtruppe in diesem Winter wieder ganz vorne mitfahren wird. Bei Teilzeiten sei man schon gut gewesen. "Es ist jetzt ein Wochenende in die Hose gegangen. Man darf nicht alles schwarzmalen."

Keine Jobsorgen

Aber natürlich hat nicht nur die Skination, auch der Chefcoach höhere Ansprüche. "Ich fordere viel von den Fahrern." Schon im Training sollten sie ans Limit gehen. Seit 2014 ist Puelacher Herren-Chefcoach. Um seinen Job macht er sich keine Sorgen. "Ich versuche, so gut wie möglich zu arbeiten. Ich kann nur alles geben, was ich habe. Aber ich habe auch kein Problem, wenn jemand sagt, es reicht nicht."

Laut Pum gibt es derzeit keine Trainerdiskussion. "Die Athleten sollen es auf die Piste bringen." Am Freitag haben sie im Super-G die nächste Gelegenheit dazu. Für den letzten ÖSV-Sieg in dieser Disziplin sorgte übrigens ein gewisser Marcel Hirscher. (Birgit Riezinger, 13.12.2016)