Wenn nicht nur der Preis zählt: Künftig sollen Betriebe, die ältere Mitarbeiter beschäftigen, im Straßenbau bessere Karten haben.

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Wien – Die Vorbehalte waren groß. Eine Welle an Bürokratie werde mit dem neuen Bestbieterprinzip auf Unternehmen zurollen, wenn bei der Auftragsvergabe nicht nur der Preis, sondern auch weiche Kriterien wie soziale und ökologische Vorgaben zählen, warnten Länder und Gemeinden. Der Wettbewerb sinke, die Kosten für Steuerzahler schnalzten nach oben, alles in allem stehe der hohe Aufwand nicht dafür, so der Tenor der Kritiker.

Österreich ist das einzige Land, in dem Projekte der öffentlichen Hand ab einer Million Euro nicht mehr an Billigstbieter, sondern an Bestbieter vergeben werden müssen. So will es das Gesetz, das der Nationalrat vor einem Jahr entgegen allen Widerständen durchwinkte. Andere Staaten ruderten in der EU derweil zurück und beließen es vorerst bei der Freiwilligkeit.

Aus Sicht von Jörg Leichtfried hat sich die neue Vergabepraxis in jedem Fall bewährt. Das Bestbieterprinzip funktioniere, ist der SP-Verkehrsminister überzeugt. Den Beweis dafür liefere die Asfinag.

Teurere Angebote

Der Autobahnbetreiber hat seit September 2015 fast hundert entsprechende Aufträge im Volumen von 720 Millionen Euro vergeben. Bei allen wurden um drei bis zehn Prozent teurere Anbote toleriert – wenn im Gegenzug andere Qualitätskriterien überzeugten. Zu vielerorts befürchteten Anfechtungen kam es nicht. Vielmehr sei die Zahl der Angebote gestiegen, sagt Asfinag-Vorstand Alois Schedl.

Zum Zug gekommen seien zu 90 Prozent österreichische Betriebe – zulasten der Billigkonkurrenz aus dem Ausland, wie Leichtfried betont. Projekte erhielt etwa, wer längere Gewährleistung zusicherte, die Bauzeit verkürzen oder einen hohen Anteil an Facharbeitern vorweisen konnte. Für die Asfinag sinkt damit der Aufwand für Sanierungen. Halten Auftragnehmer Qualitätskriterien nicht ein, drohen ihnen Pönalen im Ausmaß von 150 Prozent des Preisvorteils im Vergleich zum Billigstbieter.

Als Maßstab für die Projektvergaben dienten bisher 18 Kriterien. 31 sollen es künftig sein. Bessere Karten hätten nunmehr etwa Betriebe, die vermehrt erfahrene Arbeitskräfte über 50 beschäftigten oder Lehrlinge ausbildeten, verspricht der Autobahnkonzern.

Schranken für Sublieferanten

Mehr Licht bringt das Bestbieterprinzip ins Dickicht der unzähligen Sublieferanten. Schedl: "Wir wissen nun, anders als es noch vor zwei Jahren der Fall war, wer auf unseren Baustellen arbeitet." Jede Änderung sei zu melden. Ab 2017 dürfen Unternehmen zudem bei Aufträgen unter fünf Millionen Euro nur die Hälfte davon an Subfirmen abtreten. Bei größeren Bauvorhaben müssen sie mindestens ein Fünftel selbst abwickeln.

Kritikern sei ins Stammbuch geschrieben, dass sich das Ganze rechnet, sagt Baugewerkschafter Josef Muchitsch. Er geht von weiteren großen Partnern im öffentlichen Bereich aus – wie der ÖBB, mit der es bereits Gespräche gebe.

Vielen Gewerbebetrieben ist die Schwelle von einer Million Euro, ab der die neue Regel greift, freilich zu hoch. Sie sehen sich nach wie vor einzig und allein der Kraft und Macht des Preises ausgesetzt. Es spreche sicher nichts dagegen, die Grenzen herunterzusetzen, so Leichtfried, wenngleich das Juristen prüfen müssten. Schedl hält dies offenbar für eine weniger gute Idee: Letztlich werde es dann doch kompliziert. Bei kleinen Betrieben könnte sich der Mehraufwand für Kontrollen nicht rentieren. (vk, 14.12.2016)