Aleppo ist endgültig zum Inbegriff des Schreckens des Krieges in Syrien geworden: Eine geschundene Bevölkerung ist einem verbrecherischen, von einem starken Partner, Russland, und von fremden Milizionären gestützten Regime ausgeliefert, nachdem die Rebellenszene, deren Priorität ebenfalls nicht das Überleben der Zivilisten war, zusammengebrochen ist. Aleppo ist auch das Symbol für eine hilflose internationale Gemeinschaft, der nur die eigene Betroffenheit bleibt. Die vergeblichen Hilferufe aus Aleppo, die durch Twitter und andere soziale Medien verbreitet werden, sind ein perfektes Rekrutierungsinstrument für Radikale. Aleppo wird uns noch alle einholen.
Das Assad-Regime kontrolliert fünf Jahre nach Beginn der Rebellion erneut die größten Städte. Der klassische Aufstand mag damit vorbei sein, der Krieg ist es noch lange nicht. Auch wenn die Regimearmee Handlungsspielraum zurückgewonnen hat, so ist sie doch militärisch in hohem Maß von anderen abhängig. Bashar al-Assad hängt am Tropf nicht nur Russlands, sondern auch des Iran – deren Interessen in Syrien nicht immer deckungsgleich sind.
Die Hoffnung war, dass der Fall von Aleppo vielleicht wieder die Tür zur Syrien-Diplomatie öffnet. Wenn sich die Berichte über massive Kriegsverbrechen des Regimes bewahrheiten, wird das schwierig. Durchaus möglich, dass Assad das ganz recht ist. Aber er hat sich schon öfter verkalkuliert. Das letzte Kapitel ist noch nicht geschrieben. (Gudrun Harrer, 13.12.2016)