Das Anhaltezentrum Vordernberg kurz vor der Eröffnung zu Beginn 2014.

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Wien/Vordernberg – Das Schubhaftzentrum im obersteirischen Vordernberg könnte ein "Megaflop" werden, kritisierte Volksanwalt Peter Fichtenbauer (FPÖ) bereits im Juni 2015. Ein nun veröffentlichter Bericht des Rechnungshofs (RH) passt in dieses Bild: Die Einrichtung, bei der sich private Betreuer und staatliche Aufpasser die Aufgaben aufteilen, sei unwirtschaftlich, völlig unterbelegt und verursache zu hohe Kosten, heißt es darin.

Das 193 Haftplätze umfassende Schubhaftzentrum war laut RH seit der Eröffnung Anfang 2014 maximal zu 18 Prozent mit Schubhäftlingen ausgelastet, ab April 2015 habe dies "gegen null" tendiert. Verwaltungsverwahrungshäftlinge wurden dann auch dort untergebracht, darauf sei es aber nicht ausgelegt. Am Mittwoch war die Belegung höher: Aktuell seien 80 Schubhäftlinge dort, hieß es seitens des Innenministeriums (BMI). Österreichweit seien (Stand Mittwoch) 187 Personen in Schubhaft.

Kapazitäten erhöht

Während insgesamt die Zahl der verhängten Schubhaften stark gesunken ist, erhöhte das BMI die Gesamtkapazität für Haftplätze zwischen 2010 und 2015 um rund zehn Prozent. Kamen in Wien und Salzburg auf einen Bediensteten dort drei Haftplätze, waren es in Vordernberg laut RH zwei – Mitarbeiter privater Sicherheitsfirmen miteingerechnet.

Ein Hafttag in Vordernberg kostete, auf das erste Halbjahr 2015 bezogen, das Vierfache eines Hafttags im Wiener Polizeianhaltezentrum Rossauer Lände, der auf 207 Euro kam. Die Zahlen hätten die Prüfer selbst erhoben, da das BMI "keine zuverlässigen und aussagekräftigen Daten über die Kosten der Schubhaft" habe. Auch geografische Argumente sprechen laut RH gegen Vordernberg: Die Abschiebewege brächten "klare Standortnachteile gegenüber der Polizeianhaltezentren in Wien".

Keine Obergrenze für Kosten

Für Planungs- und Errichtungskosten (24 Millionen Euro netto) habe es keine Obergrenze gegeben, und das BMI habe bei 33-jährigem Kündigungsverzicht einen Mietvertag mit jährlichen Gesamtkosten von 2,66 Millionen Euro abgeschlossen. Im von der Gemeinde durchgeführten Ausschreibungsverfahren seien die Kriterien so eng gefasst gewesen, dass nur ein Bieter ein Angebot legte.

Die Oppositionsparteien reagierten mit Kritik auf den RH-Bericht. "Freunderlwirtschaft" vermuten etwa FPÖ und Grüne. Letztere wiesen darauf hin, dass der Geschäftsführer des mit Dienstleistungen in Vordernberg beauftragten privaten Sicherheitsunternehmens G4S einst Kabinettschef eines ÖVP-Innenministers war.

Der RH empfahl in seinem Bericht unter anderem, eine alternative Nutzung anzudenken. Laut einer in den Bericht eingearbeiteten Stellungnahme strebt das BMI eine andere Verwendung nicht an, da sonst "das Ziel des menschenrechtskonformen Vollzugs der Schubhaft nicht im erforderlichen Ausmaß" gewährleistet werden könne. Aktuell hieß es vonseiten des BMI, der Bericht werde geprüft.

Anzahl der Fördervergaben unklar

Selbiges gilt für einen RH-Bericht, der sich mit der Vergabe von Förderungszahlungen des Ressorts befasste: 77,81 Millionen Euro (fast ein Drittel aus EU-Mitteln) – zwischen 2011 und 2014. Knapp zwei Drittel davon gingen in den Bereich Asyl, Migration und Rückkehr. Das BMI habe die Anzahl der Fördervergaben nicht nennen können, und es gebe keinen einheitlichen Prozess für ihre Vergabe und Kontrolle, lautete hierzu die Rechnungshofkritik. (14.12.2016)