Kanzler Kern machte dem angehenden Bundespräsidenten Van der Bellen seine Aufwartung am Ballhausplatz, danach parlierte man eine dreiviertel Stunde über die anstehenden Herausforderungen.

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Wien – "Sagen wir, wir beginnen, uns aneinander zu gewöhnen": Gewohnt ironisch umschrieb Alexander Van der Bellen, designierter Bundespräsident, am Mittwoch sein erstes informelles Arbeitstreffen mit Kanzler Christian Kern (SPÖ) – informell wohlgemerkt, weil die Einspruchsfrist für die Hofburg-Wahl noch nicht abgelaufen ist, wie Van der Bellen betonte.

Eine dreiviertel Stunde berieten sich das angehende Staatsoberhaupt und der Regierungschef im Kanzleramt über die innen- und außenpolitischen Herausforderungen der kommenden Monate. Einig waren sich Van der Bellen und Kern darin, dass man Österreichs hohe Arbeitslosigkeit in den Griff bekommen müsse. Der ehemalige Chef der Grünen erklärte, Ziel sei es, die Arbeitsmarktlage insbesondere für Jugendliche wieder auf ein Niveau zu bringen, wie man es früher gekannt habe. Kern versicherte, dass die Regierung in den kommenden Monaten mit aktiver Politik, Investitionen und Förderungen für Start-ups sowie Klein- und Mittelbetriebe alles daran setzen werde, um die Arbeitslosigkeit zurückzudrängen.

Zurückhaltung bis zur Angelobung

Das von Österreich auf EU-Ebene eingelegte Veto von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) gegen weitere Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, wollte Van der Bellen nicht kommentieren, denn bis zu seiner Angelobung am 26. Jänner werde er sich mit Äußerungen zurückhalten. Und wieder kam hier der Verweis: "Ich bin noch nicht Bundespräsident." Er werde mit Kurz in der Angelegenheit aber das Gespräch suchen.

Kern hingegen verteidigte Österreichs strikte Haltung zur Türkei angesichts der menschenrechtlichen Lage am Bosporus. Im Sinne der europäischen Grundwerte gebe derzeit keine Möglichkeit für einen Beitritt, so der Kanzler – und freilich teile die Regierung die Linie des Außenministers, auch wenn man die Türen wegen der migrations- und wirtschaftspolitischen Kooperationen offen halten wolle. Und dabei werde Van der Bellen wohl "eine wichtige Rolle" zukommen.

Den nach seiner Angelobung von der Regierung traditionellerweise angebotenen Rücktritt wird Van der Bellen übrigens nicht annehmen, wie er sagte. Stattdessen werde er diese "ersuchen, die Arbeit fortzusetzen". (Nina Weißensteiner, 14.12.2017)