Viele Kinder verweigern bestimmte Gemüsearten. Eine Kombination verschiedener Lebensmittel könnte das ändern.

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Ob Brokkoli, Kohlsprossen, Spinat, Kaffee oder Bier – es scheint Geschmacksrichtungen zu geben, in die wir erst hineinwachsen müssen. Wissenschafter in Australien haben nun herausgefunden, was diesen Sinneswandel hervorruft. Laut Russell Keast, der sich an der Deakin University in Melbourne mit sensorischer Forschung befasst, liegt die Antwort nicht darin, dass sich unsere Geschmacksnerven mit zunehmendem Alter verändern, sondern darin, dass wir durch eine regelmäßige Auseinandersetzung mit diesen Geschmäckern schlichtweg lernen, diese zu mögen.

Keast erklärt, dass wir viele Dinge beim ersten Versuch nicht mögen. Doch der Lernprozess spielt besonders in der Geschmacksentwicklung eine wichtige Rolle. So rät er, Essen, das uns zu Beginn nicht schmeckt, mehr als ein Mal zu probieren. Dadurch können die Nährstoffe im Essen auf unser System einwirken und es positiv beeinflussen. Wenn die aufgenommenen Nährstoffe beispielsweise Energie oder andere positive Effekte liefern, erinnert sich der Körper daran, und es besteht die Möglichkeit, dass man beim nächsten Versuch den Geschmack des Essens genießt.

Was Kindern also in den ersten Lebensjahren nicht schmeckt, mögen sie als Erwachsene später gerne – zumindest wenn sie das verhasste Nahrungsmittel über die Jahre immer wieder probiert und sich schlussendlich damit angefreundet haben.

Bitterstoffe aktivieren Schutzmechanismen

Selbstverständlich kann es aber auch den entgegengesetzten Effekt geben, etwa wenn man sich aufgrund von zu viel Alkoholkonsum krank fühlt und allein der Gedanke an Alkohol einem am nächsten Morgen den Magen wieder verstimmt. In solchen Situationen schützt uns unser Körper vor dem Auslöser unseres Unwohlseins.

Darüber hinaus erklärt Keats, weshalb ausgerechnet Gemüse so oft nicht gemocht wird. Das hat evolutionsbiologische Gründe. Da Gemüse immer in ausreichenden Mengen vorhanden war, benötigte der Mensch kein intensives Verlangen, um es aufzuspüren. Zudem beinhaltet pflanzliche Nahrung oft Bitterstoffe, die unsere tiefverwurzelten Schutzmechanismen aktivieren. Denn ein bitterer oder saurer Geschmack dient meist als Warnsignal für etwas potenziell Gefährliches. Die Schutzmechanismen waren notwendig, um das Überleben der Menschen zu garantieren. Heutzutage gibt es Supermärkte, in denen wir die Lebensmittel, die unserem Anspruch entsprechen, kaufen können, sodass diese Urinstinkte nicht mehr benötigt werden. Es wird jedoch noch tausende Jahre dauern, bis sie verschwinden.

Auf der anderen Seite gibt es Fälle, in denen Menschen bittere Lebensmittel gern zu sich nehmen. Der Hintergrund ist, dass uns Getränke wie Kaffee oder Bier einen positiven Effekt bescheren, sagt Keats. So sind beide Getränke leicht süchtig machend und sorgen dafür, dass wir aufmerksamer sind. Demzufolge ist der Konsum von Lebensmitteln nicht nur auf das Geschmackserlebnis beschränkt.

Geschmacksnerven austricksen

Essen und Trinken sind die einzigen Tätigkeiten, bei denen all unsere Sinne involviert sind. Es ist also ein multisensorisches Erlebnis, das hören, sehen, riechen, fühlen und schmecken miteinander kombiniert. Sollten wir demnach ein bestimmtes Lebensmittel aufgrund des Geschmacks nicht mögen, rät Keats dazu, unsere Geschmacksnerven zu überlisten, indem wir zum Beispiel mehrere Geschmacksrichtungen oder Lebensmittel kombinieren, um so mit Hilfe eines multisensorischen Erlebnisses, unsere Geschmacksnerven auszutricksen und dadurch mehr Gemüse in eine gesunde Ernährung einzubinden. (idw, red, 15.12.2016)