Als im Oktober mitten auf dem Wiener Burjanplatz plötzlich drei blaue Container standen, war die Aufregung groß. Die Anrainer befürchteten, dass die Blechhütten Flüchtlingen als Unterkunft dienen sollten, und waren außer sich. "Es war ein Mordsbahö", erinnert sich Barbara Eder, Regisseurin der "Copstories". Dass als Nächstes uniformierte Polizisten hineinmarschierten, machte die Sache ein bissi besser. Gut war es aber erst, als klar war, dass die Polizisten Schauspieler, die Container Kulisse sind und hier ein Film entsteht. "Es gibt etwas zum Schauen, das passt", sagt Eder.

90 Minuten "Copstories", erstmals in Spielfilmlänge, dreht Eder unter anderem hier im 15. Wiener Gemeindebezirk, unmittelbar hinter der Stadthalle.

Die Container sind Teil der Handlung. Die Ottakringer Kieberer mussten zuvor ihren Posten räumen und hausen jetzt in Blechhütten, die von Ausstattern liebevoll bis ins kleinste Detail bestückt sind. Auf dem Schreibtisch liegt das Fahndungsprotokoll, pickt das gelbe Post-it mit handgeschriebener Notiz, stehen in die Jahre gekommene Computerbildschirme, Akten türmen sich, Ordner stehen säuberlich in Schränken. Wirkt echt.

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"Befragungen unterschiedlicher Weihnachtsmänner" stehen für Claudia Kottal auf dem Programm des heutigen Drehtags. Die Geschichte ist nichts für kleine Kinder: Der Weihnachtsmann hat das Christkind erschossen, nach dem Täter wird gefahndet. "Schön", sagt Kottal, die seit Beginn als Polizistin Leila Mikulov dabei ist. Neben Kottal gehören Johannes Zeiler, Serge Falck, Martin Zauner, Murathan Muslu und Barbara Kaudelka zum Stammensemble. Das Drehbuch schrieben Karin Lomot und Mike Majzen für Gebhardt Productions.

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"Es klingt abgedroschen, aber wir sind wie eine Familie", sagt Kottal. "Alle sind gut drauf, das ist so besonders. Die Leute vom Team stehen stundenlang draußen, es ist schweinekalt, aber sie machen Scherze." Zwischendurch gehen Cast und Crew ins Café Kriemhild am Platz, gedreht wird auch hier. Eder hat sich ausdrücklich für Platz und Café entschieden, um besonders authentisches Vorstadtflair aufzunehmen.

Wahre Begebenheiten

Die Fälle der "Copstories" orientieren sich vage an wahren Begebenheiten. Eder hat ein Faible für das Echte und bezieht Alltagssituationen gern in die fiktionale Handlung ein. Manch neugieriger Passant könnte sich so wiederfinden: "Wenn Leute von draußen durch das Containerfenster schauen, lassen wir die Kamera weiterlaufen. Ich liebe das." Mit ihrem Film "Thank You for Bombing" ist die 40-Jährige achtmal für den österreichischen Filmpreis nominiert.

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Zwölf Szenen werden allein heute gedreht, selbst für schnellere Fernsehverhältnisse eine hohe Schlagzahl. "Das ist der Organisation geschuldet, dass wir ein großes Ensemble und viele Szenen mit vielen Darstellern haben, wo alle auf einem Fleck versammelt sein müssen", erklärt Eder. Nach drei Jahren seien "die Schauspieler sehr stark in ihre Figuren hineingewachsen und haben sich toll weiterentwickelt".

Weinenkönnen "immer Thema"

Die Nervosität vom Anfang sei gewichen, erzählt Kottal, sie komme "höchstens noch bei schwierigen Szenen". Zum Beispiel? "In der zweiten Staffel, als der Mann, den ich liebe, in die Luft gesprengt wurde." Für Schauspielerinnen sei das Weinenkönnen "immer Thema". Wer es schafft, steigt im Anerkennungsbarometer, wer nicht, fällt tief. Für Kottal ist das "total mühsam. Als ob das wichtig wäre."

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Früher waren sie braver

Seit 2013 sorgt die Serie für authentische Kriminalunterhaltung mit starken Bezügen auf das multikulturelle Leben in Ottakring. "Wir waren in der ersten Staffel braver", erinnert sich Eder. "Mit Action, Mord und Totschlag sind wir erst später in die Vollen gegangen." Als Abschluss der Serie will sie den Film nicht sehen. "Da ist noch Luft nach oben", sagt Eder. Ihr schwebt etwa eine Halloween-Folge vor.

Bis dahin sind allerdings einige ORF-spezifische Hürden zu nehmen. Denn neben dem Weihnachtsfilm liegen die dritte und die vierte Staffel "Copstories" fix und fertig in der Schublade und harren der Ausstrahlung.

Offiziell argumentiert der ORF mit der Suche nach geeigneten Sendeplätzen. Im Hintergrund sorgt die Abschreibungspraktik des ORF für Verzögerung, wonach der große Teil der Produktionskosten erst bei Ausstrahlung fällig wird. Die "Copstories" sind kein Einzelfall, nach STANDARD-Infos liegt derzeit ORF-Film- und -Serienware von rund 30 Millionen Euro auf der langen Bank. Eder nimmt es gelassen: "Ich weiß, wir drehen es, weil es auf Sendung gehen wird." (Doris Priesching, 15.12.2016)

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