Bundeskanzler Christian Kern im "Bürgerforum" bei Peter Resetarits.

Foto: ORF / Leitner

"Wir leben in einem fantastischen Land!", versucht es Christian Kern unter Applaus, bereits ahnend, dass er solch Lob nicht bald wiederhören würde. Tatsächlich sollte sich weisen, dass diese Bürgerforum-Bürger den Kanzler und seinen Vize Reinhold Mitterlehner überwiegend nicht zum fantastischen Landesteil zählen – vielmehr zu jener Region, in der die Lähmung des Landes verwaltet würde.

Dass der Staatsbürger als solcher nach öffentlich ausgetragenen Koalitionsscharmützeln der letzten Monate mit beiden Herren Rechnungen begleichen würde, war verständlich; es gaben sich die Großkoalitionäre ja auch einsichtig. Sie zählten nicht nur Erfolge auf und Zukunftspläne. Sie gestanden auch Fehler ein.

Irgendwann – nach dem hundertsten Vorwurf, zankende Antipatrioten eines durch Wirtschaftsflüchtlinge untergehenden Landes zu sein – mussten Kern und Mitterlehner unter der Last der postfaktischen Gefühlsorgie aber einsehen: Ihre Entschuldigungen würden nicht angenommen, selbst wenn sie die Form einer abgehackten Koalitionshand annähmen. Perfekt, wie ein junger Mann zu Ende des "Diskurses" dessen Vergeblichkeit zusammenfasste. Mit "Ihnen glaube ich gar kein einziges Wort" erhellte er schrecklich das Versagen dieses Formats:

Die Bürgerauswahl schien in Richtung Wutvorurteil verschoben. Es hinterließ gekränkte Politiker, die im Würgegriff der Ressentiments keine Chance hatten, diese zu entzaubern. Minutenlangen Angriffen standen einminütige Antworten gegenüber, beendet durch "Gong!" Der ORF hat nicht nur zu wenig Diskussionsformate. Er hat auch Probleme mit gewissen existierenden. (Ljubiša Tošić, 14.12.2016)