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Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU, das eigentliche Hauptthema des EU-Gipfels, wird von anderen, brisanteren Themen überlagert.

Foto: REUTERS/Leonhard Foeger

Seit fast neun Monaten hängt das zwischen EU und Ukraine vereinbarte, provisorisch geltende Assoziierungsabkommen in der Luft. Der Ratifizierungsprozess kann nicht abgeschlossen werden, weil die Niederlande nach dem negativen Referendum im Frühjahr den parlamentarischen Prozess gestoppt haben. Diese Ungewissheit könnte am Donnerstag zu Ende gehen, wenn sich die Staats- und Regierungschefs der Union zum Dezembergipfel in Brüssel treffen.

"Premierminister Mark Rutte will einen Vorschlag machen, der ist gelungen", hieß es am Mittwoch in Berliner Regierungskreisen. Demnach soll es für Den Haag Garantien in Form einer Zusatzerklärung geben. Sie zwingt die übrigen 27 Mitgliedstaaten nicht dazu, die bereits erfolgte nationale Ratifizierung erneut aufzumachen.

Damit wäre in den Beziehungen zur Ukraine, die ohnehin schwierig sind, eine wichtige Hürde beseitigt. Mit Jahresanfang dürfte es dann auch Visafreiheit für Ukrainer geben.

Keine Änderung zeichnet sich im Verhältnis der EU zu Russland eben wegen der Ukraine und der Rolle Moskaus bei der Annexion der Krim 2013 und seiner Unterstützung von Separatisten im Ostteil des Landes ab. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande (beide sind federführend im Minsker Prozess) werden einen Bericht zur Lage abgeben. Es sei davon auszugehen, dass der EU-Gipfel dann die Verlängerung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland um weitere sechs Monate bestätigt, wurde in Ratskreisen kolportiert. Im außenpolitischen Teil beim Arbeitsessen dürften die Tragödie in Aleppo und das weitere Vorgehen zu Syrien dominieren. Konkretes ist dabei aber nicht zu erwarten.

Offiziell gar nicht auf der Tagesordnung stehen das Thema Türkei und die Frage des Umgangs mit den Beitrittsverhandlungen, über die es seit Tagen im Umfeld des EU-Außenministerrates so große Aufregung gab, nachdem Österreich ein Einfrieren gefordert hatte.

Dennoch werden die Regierungschefs immer wieder über die Lage in der Türkei quasi "stolpern", denn alle anderen heiklen Fragen, um die es gehen soll, haben irgendwie mit Ankara zu tun.

Das gilt zuerst für die Beratungen zur Migration. Anders als noch beim letzten EU-Gipfel im Oktober beabsichtigt, zeichnen sich in Sachen neues EU-Asylrecht und Flüchtlingsverteilung in der ganzen Union keinerlei Fortschritte ab. Der derzeitige slowakische EU-Ratsvorsitz wird lediglich einen Bericht legen. Die im Herbst gefeierte "effektive Solidarität" bei der Flüchtlingsverteilung wird von mehreren Staaten blockiert. Der Gipfel dürfte sich darauf beschränken, erneut zu betonen, dass der EU-Türkei-Pakt funktioniere. Da es aber auch in der Frage einer Lösung für das geteilte Zypern oder bei der Visaliberalisierung für die Türkei kaum Neues gibt, will man das heikle Thema eher ruhen lassen.

Nur eine Standortfeststellung bereits laufender Projekte gibt es auch beim anderen großen Thema des Gipfels, der Sicherheit und dem Ausbau einer gemeinsamen europäischen Verteidigung. Das sei "ein sehr dickes Brett, das zu bohren ist", erklärte ein Diplomat. (Thomas Mayer aus Brüssel, 14.12.2016)