92 Prozent der Studenten bemühen sich um Praktikumsstellen.

Foto: Standard/Peter Kneffel

Wien – Unter Jugendlichen geht die Angst um, keine Jobs zu bekommen. Viele flüchten sich in mager bis gar nicht bezahlte Praktika, die zusehends länger aneinandergereiht werden. Betriebe bieten davon eine breite Auswahl, während reguläre Anstellungen Mangelware sind. Diese Bilanz zieht die Gewerkschaft der Privatangestellten nach einer aktuellen Umfrage.

92 Prozent der Studierenden in Österreich bemühen sich in ihrem angestrebten Berufsfeld um freiwillige Praktika, zeigt eine Studie. 79 Prozent der Schüler haben ähnliche Ambitionen. Jeder dritte Student arbeitet dafür zum Nulltarif. Knapp jeder Zweite verdient weniger als 800 Euro im Monat. 69 Prozent gaben an, einen normalen Arbeitsvertrag erhalten zu haben, auch wenn die Bezahlung meist unter den im Kollektivvertrag vereinbarten Mindestgehältern liegt.

Viele Serientäter

Ein Viertel der befragten Studierenden hat in Summe bereits vier und mehr verpflichtende und freiwillige Praktika absolviert. Bei fast einem Fünftel ging deren Ausmaß über 20 Wochen hinaus. Die Jugendlichen versprechen sich dadurch in erster Linie Berufserfahrung und bessere Jobchancen.

Barbara Kasper, Bundesjugendsekretärin der GPA-djp, sieht den Lerneffekt dabei nicht selten bei Null. Viele würden über Wochen überwiegend für Hilfsdienste bis hin zum Regalschlichten eingesetzt. Das Ausschreiben der Stellen sei ein Geschäftsmodell für Betriebe geworden, die auf billige Arbeitskräfte setzten, sagt sie im Gespräch mit dem STANDARD. Dabei seien auch sogenannte freiwillige Praktikumsplätze nach beendeter Ausbildung normale Arbeitsverhältnisse, die nach Kollektivvertrag abgegolten gehörten. "Aber wo kein Kläger, da kein Richter."

"1.000 Euro sollten drin sein"

Die Wirtschaftskammer spricht generell nur von wenigen schwarzen Schafen, die sich der Praktikanten systematisch als Arbeitskräfte bedienten. Vielmehr biete sich Unternehmen damit die Möglichkeit, Nachwuchs zu rekrutieren. Der Aufwand dafür sei teils erheblich. Prekäre Arbeitsverhältnisse würden jedenfalls nicht zunehmen. Kasper erlebt das anders. Dass 34 Prozent der Studenten unentgeltlich arbeiteten, sei ein katastrophales Signal, sagt sie. "1.000 Euro im Monat sollten drin sein."

Klar sei, dass jeder, ob angestellt oder nicht, Zeit zum Einarbeiten brauche. "Das ist sicher nicht betriebsschädigend." Es gäbe Probemonate, darüber hinaus biete Österreich eine der einfachsten Bedingungen im EU-Vergleich, um junge Mitarbeiter zu kündigen.

Was derzeit passiere, ziehe aber einen Rattenschwanz an Problemen nach sich. Alles verlagere sich nach hinten: Das erste geregelte Einkommen mit 30, Kinder später. "Sicherheit geht verloren", sagt Kasper. "Junge brauchen jetzt Geld, nicht erst in der Pension." (Verena Kainrath, 15.12.2016)