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Wer seinen Job wechselt, hat Chancen auf mehr Geld und Zufriedenheit. Wer es – unfreiwillig – öfter tun muss, zählt in der Regel zu den Verlierern.

Foto: Reuters / Scott Olso

Wien – Wer vor einigen Jahren einen Job begonnen hat und ihn heute noch immer ausübt, gehört in Österreich zu einer selten gewordenen Gattung von Arbeitnehmern. Das zeigen Zahlen der Statistik Austria, die am Donnerstag im Klub der Wirtschaftspublizisten präsentiert wurden. Dass jemand nach der Ausbildung sein gesamtes Arbeitsleben bei derselben Firma bleibt, scheint ein Relikt der Vergangenheit zu sein.

Der Großteil der Menschen, die vor einigen Jahren eine Arbeit begonnen haben, wurde binnen zweier Jahre gekündigt oder hat freiwillig die Firma gewechselt. Genauer: Nur 22 Prozent derjenigen, die 2010 eine Arbeit aufgenommen haben, waren zwei Jahre später noch bei demselben Arbeitgeber. Nach fünf Jahren waren es nur mehr elf Prozent.

Menschen, die schon seit vielen Jahren beim selben Unternehmen arbeiten, sind in der Analyse der Statistik Austria nicht enthalten. Davon gibt es nach wie vor viele. Mit Stand Ende Juni gab es über 1,5 Millionen Menschen, die seit über fünf Jahren bei derselben Firma arbeiten, teilte das Sozialministerium auf STANDARD-Anfrage mit. Das sind 44 Prozent aller Arbeitnehmer im Land.

Nur ein Teil wird beleuchtet

Die Statistik Austria wirft hingegen Licht auf die Situation für viele Jüngere, Ausländer und Personen mit niedrigerer Ausbildung. Sie zeigt für sie, dass Jobs, die heute aufgenommen werden, nicht mehr lange Bestand haben.

Die Statistikbehörde hat für ihre Auswertung bereits Berufe herausgerechnet, die das Bild verzerren würden. Im Bau oder in der Gastronomie werden Arbeiter und Angestellten oft nach der Saison wieder gekündigt und im Jahr darauf neu eingestellt. Viele Schüler und Studenten fangen jedes Jahr in den Ferien einen anderen Ferialjob an.

Trotzdem ist der betrachtete Ausschnitt größer, als man denken könnte. Lässt man die Selbstständigen weg, gibt es um die 3,5 Millionen Menschen, die im Land arbeiten. 40 Prozent davon – 1,4 Millionen – haben 2010 eine neue Arbeit aufgenommen.

Rechnet man nun unter anderem Kellner, Bauarbeiter, Schüler und Studenten weg, bleiben noch immer 750.000 Beschäftigte. Für diese immerhin gut 20 Prozent aller Arbeitnehmer trifft die Analyse der Statistik Austria also zu.

Drastische Unterschiede

"Es gibt in dieser Gruppe eine extrem hohe Fluktuation", sagte Statistik-Chef Konrad Pesendorfer bei der Präsentation der Zahlen. Frauen arbeiten tendenziell länger bei derselben Firma als Männer. Wer unter 30 oder über 50 Jahre alt ist, ist in der Analyse besonders selten länger als zwei Jahre beim Unternehmen.

Dass junge Menschen öfter den Job wechseln, ist an sich noch kein Grund zur Sorge, sagen Fachleute. Oft findet sich der passende Arbeitgeber erst beim zweiten oder dritten Versuch. Deutlich größere und besorgniserregendere Unterschiede gibt es hingegen zwischen Menschen mit formal hoher und niedriger Bildung.

Erstere bleiben viel länger beim selben Unternehmen. Unter den Jungen, die maximal einen Pflichtschulabschluss vorweisen können, waren zwei Jahre nach Jobantritt nur noch 13 Prozent bei derselben Firma beschäftigt. Bei den Uni-Absolventen ist die Rate drei Mal so hoch.

Wachsende Segmentierung

Das macht auch Arbeitsmarktexperten Sorgen. "In Österreich wächst die Segmentierung", sagt Wifo-Ökonom Rainer Eppel zum STANDARD. "Ein Teil hat eine stabile Arbeit. Ein Drittel, vor allem formal weniger gut Gebildete, Ausländer und Junge, landet immer öfter in instabilen Jobs."

Ganz allgemein sei es nichts Negatives, wenn die Menschen öfter den Job wechseln. Der heimische Arbeitsmarkt ist im internationalen Vergleich dynamisch, so Eppel. "Der Kündigungsschutz ist niedrig, die soziale Absicherung dafür hoch." Das sei gut für eine Volkswirtschaft und schaffe Jobs.

Gleichzeitig gebe es aber immer weniger stabile Arbeitsverhältnisse. Das dürfte auch der Grund sein, warum sich die Reallöhne im Land so schwach entwickeln, sagt Eppel. Wer ständig den Job wechselt, hat oft nichts von der jährlichen Lohnerhöhung. (Andreas Sator, 15.12.2016)