Anton Schipulin: "Mir scheint, dass sich hier die Politik allzu sehr in den Sport einmischt. Ohne jede Beweise russische Sportler zu beschuldigen, ist zu viel."

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Moskau / Nové Město – Die Angst vor einem Dopingbann gegen den Nationalsport Biathlon wächst in Russland, doch Anton Schipulin gibt sich ganz entspannt. "Diese Informationen rufen bei mir ein Lächeln hervor. Jedenfalls verfalle ich nicht in Panik", sagte der Staffel-Olympiasieger von Sotschi zwei Monate vor den Weltmeisterschaften in Hochfilzen in Tirol.

31 namenlose russische Biathleten

"Mir scheint, dass sich hier die Politik allzu sehr in den Sport einmischt. Ohne jede Beweise russische Sportler zu beschuldigen, ist zu viel. Das Ganze spitzt sich zu weit zu", meinte der beste russische Biathlet. Der Biathlon-Weltverband (IBU) hatte zuvor 31 noch namenlose russische Athleten an den Pranger gestellt.

"Wir werden das erst kommentieren, wenn es mehr Klarheit gibt", sagte Sportminister Pawel Kolobkow angesichts der vielen offenen Fragen nach dem zweiten McLaren-Bericht zum vermutlich staatlich dirigierten Dopingsystem in Russland. Direkte Beweise und unverschlüsselte Namen liegen bisher nicht vor – höchstens hinter vorgehaltener Hand.

"Die Chancen, dass in einer solchen Lage in Russland der Weltcup in Tjumen und 2021 die WM stattfinden werden, sind sehr klein", kommentiert die Tageszeitung "Sport-Express" am Freitag und wittert Ungemach: "Natürlich müssen wir darum kämpfen – aber die größere Gefahr ist der Ausschluss aus der Biathlonfamilie." Nach Meinung von Schipulin wäre eine Verschiebung des Weltcups in Tjumen ungerecht.

Fourcade erwägt Boykott

IBU-Präsident Anders Besseberg hatte am Donnerstag die Vorwürfe gegen Russland öffentlich gemacht. Dem Weltverband liegt demnach eine Liste mit 31 dopingverdächtigen russischen Athleten vor, darunter auch aktive Sportler. Einige Athleten seien schon gesperrt, andere hätten ihre Karriere bereits beendet. Namen nannte Besseberg nicht.

Unter den Biathleten hat die Zahl der verdächtigen Russen für Entsetzen gesorgt. Der zweimalige Olympiasieger Martin Fourcade erwägt einen Boykott des Weltcups, sollte der Weltverband nicht rigoros vorgehen. "Wenn der Verband nicht genügend Mut zur Bewältigung des Problems hat, müssen die Athleten eben selbst aktiv werden", sagte der 28-Jährige am Rande des Weltcups in Nové Město dem norwegischen Fernsehsender NRK.

"Wenn nur zehn Prozent davon stimmt, ist das eine Katastrophe", sagte Rekord-Olympiasieger und Weltmeister Ole Einar Bjørndalen aus Norwegen. Man müsse aber handfeste Beweise abwarten. "Für mich sind alle sauber, solange sie nicht überführt sind."

22. Dezember könnte Klarheit bringen

Die IBU könnte bereits am 22. Dezember erste Ergebnisse präsentieren. Bis kurz vor Weihnachten soll eine Expertengruppe aus fünf Nationen die 31 Fälle aus dem McLaren-Bericht prüfen und dem IBU-Vorstand Bericht erstatten. Im Rahmen der IBU-Anti-Doping-Regeln und des Wada-Anti-Doping-Codes soll die Expertengruppe "einschlägige Disziplinarmaßnahmen" vorschlagen. (APA, 16.12.2016)