Marbella – Vor ein paar Jahren noch wäre man – an einem guten Tag – eiskalt ausgelacht worden, hätte man die Worte Bentley, SUV und Diesel in nur einem Satz verwendet. Dabei ist die Idee, einen Diesel in einen Bentley einzubauen, genau gleich alt wie jene, bei Bentley einen SUV vom Band laufen zu lassen, erzählt Wolfgang Dürheimer, Ex-Porsche-Vorstand, der seit 2014 Bentley-Chef ist.

Foto: Bentley

Als diese Entscheidung fiel, war klar, dass man die Marke Bentley einem breiteren Publikum antragen möchte. Und mit dem Bentayga ist das Bentley auch sehr gut gelungen. Bis zum Jahresende werden heuer 11.000 Fahrzeuge die Produktionshallen in Crewe verlassen haben – das sind rund zehn Prozent mehr Autos als noch 2015. Und jede Wette, mit dem Diesel-Bentayga wird es in der Tonart munter weitergehen.

Vor- ohne Nachteile

Gerade in Europa, aber auch in Südafrika, in Russland, in Australien und Neuseeland wird der Selbstzünder auf den Markt kommen und sicher seine Kundschaft finden. Denn dieser Wagen nutzt gleich eine ganze Reihe von Vorteilen, ohne sich lange mit den Nachteilen abzugeben.

Zum einen gelingen Bentley jetzt Reichweiten mit einer Tankfüllung, die bis dato undenkbar waren. Zudem hat man mit diesem Motor das Aggregat mit dem geringsten Kohlendioxidausstoß in die Palette aufgenommen und senkt so ganz nebenbei den Flottenverbrauch. Und zu guter Letzt kann man davon ausgehen, dass es in der Nachbarschaft eher akzeptiert ist, einen fetten Diesel-SUV zu fahren als einen noblen Bentley – was, für sich allein genommen, schon recht komisch ist.

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Der Dieselmotor, den Bentley verbaut, stammt im Grunde von Konzernbruder Audi und wird dort im SQ7 eingesetzt. Der vier Liter große V8 wird dreifach aufgeladen – ab 200 bis 2000 Umdrehungen von einem elektrischen Supercharger, der sich am 48-Volt-Bordnetz labt, ab 1000 Touren erst vom aktiven, ab 2500 Umdrehungen dann auch noch vom passiven Turbo.

Am Ende liegen 435 PS Leistung und 900 Newtonmeter Drehmoment an. "Da sind wir nicht mehr weit vom E-Motor weg", sagt Dürheimer stolz, legt die Karten aber sofort wieder verdeckt auf den Tisch, wenn man nach einem Plug-in-Hybrid fragt. "Wir arbeiten an so einem Antrieb", sagt er.

Foto: Bentley

Wie das in etwa aussehen könnte, woran man da in Crewe arbeitet, lesen Sie am besten hier, wo Andreas Stockinger den Audi Q7-Diesel-Plug-in-Hybrid testet.

Also kann man statt Bentayga gleich einen Q7 kaufen? Ja, genau das werden Ihnen jene um die Ohren werfen, die ihren Neid hinter Autoquartett-Wissen verstecken wollen. Q7 und Bentayga teilen sich eine paar Trümmer, ja, sind aber sonst so verschieden wie Vanillerostbraten und Vanilleeis.

Diesel passt zu SUV

"An einem Dieselmotor", erklärt Rolf Frech – ja, den kennen wir auch noch von Porsche, er ist aber jetzt bei Bentley für die Gesamtfahrzeugentwicklung zuständig -, "hat man weit mehr Stellmöglichkeiten als bei einem Benziner, und die haben wir alle ausgenutzt, um ein Aggregat zu entwickeln, das in einen Bentley passt." Obwohl man an dieser Stelle anmerken muss, dass es nicht angedacht ist, den Diesel auch in andere Bentleys zu bauen. "Der Diesel passt einfach gut zu einem SUV."

Foto: Bentley

Im Fall des Bentayga stimmt das jedenfalls. Nicht dass der W12 eine schlechte Figur gemacht hätte, aber dieser Diesel kann auch was. In unter fünf Sekunden beschleunigt er den Koloss von 0 auf 100 km/h und ist dabei akustisch so gut wie nicht, jedenfalls nicht als Diesel wahrnehmbar.

Nein, elektronisch nachgeholfen wurde bei der Geräuschdämmung nicht, erklärt Dürheimer fast ein wenig beleidigt.

Foto: Bentley

Klar, er weiß, dass er mit diesem Auto alles richtig gemacht hat. Der Wagen spielt alle Stückln, fährt sich wie ein Bentley, fühlt sich an wie ein Bentley und ist ein Bentley. Wie gut Luxus und SUV zusammenpassen, hat ja schon Range Rover vorgezeigt – und das sind wohl auch die Konkurrenten, auf die man sich mit diesem Wagen einschießt. Rausgekommen ist dabei ein Wagen, der wohl auch der Queen gut stehen würde. Und die fährt ja bereits Bentley.

Foto: Bentley

Erst vor kurzem hat ihr Wolfgang Dürheimer, bereits zum zweiten Mal, einen Bentley geliefert. "Da steht man vor dem Palast auf den Stufen, um Punkt zwölf öffnet sich die Tür, und die Queen tritt heraus", erinnert er sich gerne an die Situation. Er erzählt aber auch von seinem Fauxpas, ihr beim ersten Treffen die Hand geschüttelt zu haben. Er wusste nicht, oder hatte in der Aufregung vergessen, dass sich das nicht gehöre – egal, sie dürfte es ihm nicht übelgenommen haben.

Superstar Queen

"Die Queen ist sehr autointeressiert", erzählt Dürheimer weiter, "und die Mitarbeiter in Crewe sind sehr queeninteressiert." Jedenfalls muss er seine Queen-Besuche gleich mehrmals zum Besten geben.

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Wir wollten bei der Gelegenheit wissen, ob sich die Queen beim zweiten Mal noch an Dürheimer erinnern konnte. "Oh ja", erzählt er lächelnd, "Die Queen kam die Stufen herunter, sagte 'Nice to meet you again' und streckte mir die Hand entgegen." (Guido Gluschitsch, 19.12.2016)

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Nachlese:

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Audi Q7: Das SUV-Flaggschiff

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