Ein 3-D-Druck? Nein: eine von Gaylen Gerber grau bemalte Maske der afrikanischen Dan.

Foto: Gaylen Gerber / Galerie Emanuel Layr, Wien

Nichts im Leben ist bloß schwarz oder weiß, so viel ist sicher. Alles hat Schattierungen und Nuancen, und auch wenn diese manches komplizierter machen, ist das ganz gut so.

Was geschieht aber, wenn ganz verschiedene Objekte – sagen wir ein Teekrug von Mao Tse-tung und eine Holzmaske des Bantuvolks der Makonde – plötzlich dieselbe Oberflächenstruktur und Farbe haben? Diese Frage stellte sich der Konzeptkünstler Gaylen Gerber, geboren 1955 in McAllen, Texas.

Seit den 1980er-Jahren hat der in Chicago lebende und lehrende Künstler die Betrachter mit seinen meist monochrom grauen Supports und Backdrops zu Perspektivwechseln veranlasst. Bei der Documenta 9 (1992) hat er etwa mit einem seiner "Hintergründe" eine Verbindung zwischen den Kunstwerken anderer Künstler – jenen von Adrian Schiess und Gerhard Richter – hergestellt.

Hintergründige Farben

In seiner zweiten Ausstellung in der Wiener Galerie Emanuel Layr stellt der für seine Kollaborationen (u. a. mit Stephen Prina, Rémy Zaugg, Heimo Zobernig) bekannte Künstler seine Arbeit nun nicht in den Dienst anderer zeitgenössischer Werke: Er zeigt verschiedenste Artefakte, die er in Afrika, Asien oder den USA über die Jahre gesammelt hat.

Bemalt hat Gerber diese Fundstücke in den Weiß- und Grautönen der Schauraumwände. Jene Farben, die gemeinhin dafür sorgen, dass der Ausstellungsraum hinter die Kunstwerke zurücktritt, überziehen zur Gänze Gerbers Artefakte – sei das nun ein Stück der Mauer von jenem Haus, in dem der ermordete Black-Panther-Aktivist Fred Hampton lebte, oder eine Wächterfigur, die die kenianischen Giryama zur spirituellen Erlösung ihrer Toten benutzen.

Über Herkunft und Funktion der Objekte kann man in der Ausstellung einiges nachlesen, entscheidend sind solche Informationen für den Künstler aber nicht. Was Gerber interessiert, sind die Bedingungen des institutionellen Kontextes, die unsere Wahrnehmung von Kunst regulieren und für ästhetische Bewertungen ausschlaggebend sind. Beim Rundgang nimmt man etwa eine kleine Halterung oder auch Sockel wahr, die einzelnen Objekten einen Mehrwert verleihen, wiewohl der gemeinsame Farbton sie kopiert, vervielfältigt erscheinen lässt.

Nullzustand der Dinge

Obwohl es sich bei Gerbers Skulpturen nicht um 3-D-Drucke handelt, lässt er doch einige der traditionellen Erwartungen an ein Kunstwerk hinter sich. Einmal mehr setzt er in der aktuellen Präsentation nicht auf Einzigartigkeit, sondern auf die homogenisierende Wirkung der Farbe und ein nichthierarchisches Nebeneinander der Objekte: hier die Coca-Cola-Flasche, dort eine arabische Schale, dazwischen eine Serie ovaler, gebogener Metallstücke, die in der Region Kongo lange als eine Art Währung dienten.

Durch seine Bearbeitung versucht Gerber eine Art "Reset": Er will die Objekte auf einen Nullzustand zurücksetzen, sodass man sie, aber auch die gesamte Ausstellungssituation noch einmal neu entdecken kann. Gerber geht es dabei schließlich auch um Repräsentationsformen oder um Fragen von Autorschaft, wenn er hier gewissermaßen Arbeiten von anderen präsentiert.

Um deren Objekte hat er einen relativ hohen Aufwand betrieben. Deswegen empfiehlt sich auch die Lektüre des Begleittextes, in dem man einiges über deren Geschichten erfährt. Unter anderem etwa, dass Gerber die ovalen, gebogenen Formen als perfekte "skulpturale Verschmelzung von Kunst und Ware" sieht. Beim Rundgang stellt sich im Anschluss an diese Überlegung freilich auch unweigerlich die Frage, um wie viel wertvoller der Galerienkontext wohl einen so gewöhnlichen Gegenstand wie eine Colaflasche macht. (Christa Benzer, Album, 17.12.2016)