Die Volksabstimmung von 2014 hatte eine jährliche Höchstzahl und Kontingente für ausländische Arbeitskräfte in der Schweiz vorgesehen. Um einen Bruch mit Brüssel zu vermeiden, hat sich die Schweizer Regierung für eine abgemilderte Form entschieden.

Foto: apa/Valentin Flauraud

Bern – Der Schweizer Nationalrat hat am Freitag ein Gesetz zum Vorrang für Inländer bei Jobbewerbungen beschlossen. Das Gesetz soll den Zugang von Einwanderern auf den Arbeitsmarkt steuern und damit einen 2014 angenommenen Volksentscheid gegen "Masseneinwanderung" umsetzen. Die Initiatorin der damaligen Abstimmung, die ausländerfeindliche SVP, kritisierte das beschlossene Gesetz als "landesverräterisch".

Die Volksabstimmung von 2014 hatte eine jährliche Höchstzahl und Kontingente für ausländische Arbeitskräfte in der Schweiz vorgesehen. Das hatte für Aufregung unter den EU-Staaten gesorgt, da solche Maßnahmen aus europäischer Sicht im Widerspruch zu bilateralen Verträgen mit der Schweiz stehen. Die EU-Kommission hat bei einer expliziten Kontingentierung des Zuzugs mit einer Aufkündigung der bilateralen Handelsverträge gedroht, was die Schweizer Wirtschaft massiv träfe.

Schlechte Karten

Bern hatte in dem Match von Anbeginn an schlechte Karten. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte schon vor mehr als einem Jahr bekundet, es gäbe "kaum Verhandlungsspielraum" für das Ansinnen der Eidgenossen. Verschärft hat sich die Situation durch den Brexit. Die EU konnte der Schweiz kaum Zugeständnisse machen, die sie den Briten verwehrt hatten. Auch im Königreich war die Forderung nach einer Beschränkung des Zuzugs die gewichtigste.

Um einen Bruch mit Brüssel zu vermeiden, hatte sich die Schweizer Regierung für eine abgemilderte Form entschieden. Der nun beschlossene Entwurf sieht vor, dass in Berufsgruppen, Tätigkeitsbereichen und Wirtschaftsregionen, in denen die Arbeitslosigkeit über dem Durchschnitt liegt, zeitlich befristete Maßnahmen zur Förderung von inländischen Stellensuchenden ergriffen werden können. Die Abschwächung des 2014 beschlossenen Referendumsvorschlags sorgt im Lager der Einwanderungsgegner für Erbitterung. SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz drohte mit einer neuerlichen Gesetzesinitiative, um die wortgetreue Umsetzung des ursprünglichen Vorschlages noch durchzusetzen.

"Verfassungsbruch"

Das nun beschlossene Gesetz sei ungenügend. "Die SVP lehnt diesen den Volkswillen verletzenden Verfassungsbruch ab", sagte Amstutz. Die der SVP nahestehende Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS) kündigte indes bereits eine Initiative an, um das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU zu kippen. Die SVP verweist dabei immer wieder auf den hohen Zuzug in die Schweiz: Rund 1,4 Millionen EU-Bürger leben derzeit in dem Land, mit 25 Prozent ist der Ausländeranteil im internationalen Vergleich hoch.

Andererseits waren dem Parlament die Hände gebunden, waren doch auch die bilateralen Verträge mit der EU schon Gegenstand von Volksabstimmungen. So wurde u. a. auch der freie Zuzug für Rumänen und Bulgaren 2009 der Bevölkerung zur Abstimmung vorgelegt. Somit handelte es sich letztlich bei der Umsetzung "Masseneinwanderungsinitiative" um die Quadratur des Kreises. Letztendlich hat das Parlament die Hoheit. Der Zuzug aus Rumänien und Bulgarien hält sich überdies in engen Grenzen – bisher kamen rund 20.000 Personen aus diesen Ländern.

Dass die Ergebnisse von Volksabstimmungen nicht einfach umgesetzt werden, gab es auch schon bei anderen Initiativen. Bei der Beschränkung des Alpentransits und von Zweitwohnsitzen wurden die entsprechenden Entscheide stark aufgeweicht. (red, 16.12.2016)