Skopje – Die mazedonische Wahlkommission hat am Samstagabend eine Beschwerde der albanischen Bewegung Besa wegen Unregelmäßigkeiten beim Urnengang angenommen, die das Wahlergebnis im Balkanland noch drehen könnte. Nun liegt es am zuständigen Gericht in Skopje zu entscheiden, ob die Wahl in Gostivar im Westen des Landes wiederholt werden muss.

Konkret geht es um den von einer Wählerin erhobenen Vorwurf, dass jemand anderer in ihrem Namen abgestimmt und ihre Unterschrift gefälscht habe. Die Wahlkommission ließ die Signatur von einem Graphologen überprüfen und gab der Beschwerde statt.

Relevant könnte dies dann werden, wenn das Skopjer Gericht eine Wiederholung des Urnengangs in Gostivar anordnet. Würde sich das Ergebnis dort ändern und der in Gostivar zu vergebene Parlamentssitz statt an die konservativ-nationalistische Regierungspartei VMRO-DPMNE an die oppositionellen Sozialdemokraten (SDSM) oder die Besa gehen, könnte dies laut Berechnungen mazedonischer Medien auch das nationale Wahlergebnis drehen. Die VMRO-DPMNE hat den Urnengang äußerst knapp mit 51 Sitzen vor 49 Sitzen für die SDSM gewonnen. Die Besa schloss eine Koalition mit der Regierungspartei bereits aus.

Eine von 16 Beschwerden angenommen

Insgesamt waren 16 Beschwerden wegen Unregelmäßigkeiten bei den vorgezogenen Parlamentswahlen eingebracht worden. Jene der Besa wurde als einzige von der Wahlkommission angenommen. Die oppositionelle SDSM anerkannte wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten das Wahlergebnis bisher nicht.

Der Urnengang hätte das von Korruption gezeichnete Balkanland eigentlich aus einer seit den letzten Parlamentswahlen anhaltenden politischen Krise führen sollen. Bereits damals sprachen die Sozialdemokraten von Wahlfälschung und veröffentlichten schließlich Telefonprotokolle, die das Abhören von Regierungsgegnern und Journalisten durch die Regierungspartei VMRO-DPMNE belegen sollen, was diese zurückweist. Es kam zu monatelangen Massenprotesten. Unter Vermittlung von EU und USA einigten sich die Konfliktparteien schließlich auf den vorgezogenen Urnengang.

Eine eventuelle Wahlwiederholung könnte Mazedonien nun noch tiefer in die Krise stürzten. VMRO-DPMNE-Chef Nikola Gruevski, der das Land bis zu seinem Rücktritt als Regierungschef im Jänner 2016 fast zehn Jahre lang zunehmend autoritär geführt hatte, erklärte bereits, eine Wahlwiederholung boykottieren zu wollen.

Zudem beschuldigte er "ausländische Vertreter", sich in den Wahlprozess eingemischt zu haben. In einer Aussendung erhob die VMRO-DPMNE denselben Vorwurf gegen "einige Botschafter" im Balkanland. Gemeint war damit offenbar US-Botschafter Jess Bailey, der federführend an den internationalen Vermittlungsbemühungen zwischen den politischen Parteien beteiligt war. "Bailey, Hände weg von Mazedonien", stand am Samstag auch auf einem Spruchband von VMRO-DPMNE-Anhängern vor der staatlichen Wahlkommission. Sie demonstrieren dort seit Donnerstag täglich, um den "Wahlsieg zu verteidigen". (APA, 18.12.2016)