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2009 gründete der in Italien sehr populäre Satiriker und Komiker Beppe Grillo (o.) die Protestbewegung Fünf Sterne. Damals – aber heute nicht mehr – mit an Bord: Federico Pizzarotti.

Foto: Reuters/Casilli

STANDARD: Sie sind als einstiger Mitgründer kürzlich aus der Fünf-Sterne-Bewegung ausgetreten. Weshalb?

Pizzarotti: Die Bewegung ist nicht mehr die, die sie einst zu sein versprach. Ich habe 2009 dazu beigetragen, den Movimento 5 Stelle zu gründen. Damals ging es um Engagement, Debatten, Diskussionen, Ideologien. Um Umweltschutz und Anti-Establishment. Heute werden die Beschlüsse unter Ausschluss der Öffentlichkeit gefasst. Transparenz gibt es nicht mehr. Die Basis wird bloß aufgefordert, die bereits getroffenen Entscheidungen zu ratifizieren. Ich fühle mich in dieser Bewegung nicht mehr zu Hause. Nicht ich habe die einstigen Ideale missachtet: Die M5S-Führung hat ihre Ideale vergessen. Oft wird mit zweierlei Maß gemessen.

STANDARD: Ist die Kritik berechtigt, dass der M5S wie eine Sekte agiert, da die Beschlüsse von einer einzigen Person getroffen werden?

Pizzarotti: Sekte ist sicher nicht der richtige Ausdruck. Tatsache ist, dass wichtige Beschlüsse von einigen wenigen Personen getroffen werden. Ich selbst weiß nicht, von wem. Aber das widerspricht den Grundideen der Bewegung.

STANDARD: Was funktioniert beim M5S nicht? Beppe Grillo, sein Gründungspartner (das IT-Unternehmen Casaleggio Associati) oder ist es das Direktorium?

Pizzarotti: Das Direktorium existiert nicht mehr. Casaleggio Associati scheint die Kontrolle übernommen zu haben. Es fehlt an politischer Reife. Der M5S muss politisch wachsen.

STANDARD: Sie wurden 2012 zum ersten Bürgermeister des M5S in Parma gewählt. War der Anfang schwierig?

Pizzarotti: Es war eine Herausforderung. Parma stand damals mit 800 Millionen Euro Schulden am Rande des Konkurses. Bis heute wurden die Schulden um knapp die Hälfte gesenkt, die Stadt avancierte inzwischen zu einer der wichtigsten sogenannten Smart Cities Italiens.

STANDARD: Der M5S hat Sie auch kritisiert, weil sie die umstrittene kommunale Müllverbrennungsanlage nicht geschlossen haben ...

Pizzarotti: Einmal in Betrieb gesetzt war es schwierig, die Anlage zu schließen. Doch heute funktioniert die Anlage zu 74 Prozent mittels getrennter Abfallverwertung – damit liegen wir im italienischen Vergleich an der Spitze. Wir haben auch den Asbest in allen Schulen der Stadt entfernen lassen und durch den Relaunch des von Marie Luise von Habsburg (1791-1847) gegründeten Theaters Regio und mit den Verdi-Festspielen einen durchschlagenden kulturellen und wirtschaftlichen Erfolg erzielt mit knapp 25.000 Opernfreunden in der Saison 2016. Wir werden das Programm für die Verdi Festspiele bald auch in Wien präsentieren.

STANDARD: 2017 finden in Parma Wahlen statt. Werden Sie kandidieren? Mit einer neuen Bürgerliste?

Pizzarotti: Ich habe bisher noch keine Entscheidung getroffen. (Thesy Kness-Bastaroli, 20.12.2016)