Genf/Wien – Eine der großen Fragen der Physik ist, warum das für uns beobachtbare Universum größtenteils aus Materie besteht.

Das Standardmodell der Teilchenphysik, auf dem gewissermaßen das Theoriegebäude der Physik aufruht, geht von einer annähernden Gleichverteilung von Materie und Antimaterie unmittelbar nach dem Urknall aus. Doch ein winziges Ungleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie (etwa ein Teilchen Überschuss bei einer Milliarde Teilchen-Anti-Teilchen-Paaren) zu Beginn des Universums habe dann aber zur seiner heutigen Gestalt, in dem sich so gut wie keine Antimaterieatome finden lassen.

Messung von Antiatomen ...

Auf der Suche nach einer Erklärung für die Ungleichverteilung versuchen Physiker, die Eigenschaften von Antimaterieatomen präzis zu vermessen und mit jenen ihrer Materiegegenstücke zu vergleichen. Herstellen lassen sich diese Antimaterieatome unter hohem Energieaufwand etwa in Teilchenbeschleunigern am Cern in Genf. Und genau da ist Physikern nun ein kleiner Durchbruch gelungen.

Jeffrey Hangst (Uni Aarhus) und seine Kollegen vom sogenannten Alpha-Konsortium konnten nämlich erstmals das optische Spektrum eines Antiwasserstoffatoms messen. Gemeint ist damit das spezifische Muster an Wellenlängen, die das Atom absorbiert oder abstrahlt, wenn seine Elektronen in einen angeregten Zustand versetzt werden beziehungsweise wieder in den Grundzustand zurückfallen.

... in spezieller Teilchenfalle

Das Team um Hangst hat dafür eine spezielle magnetische Teilchenfalle gebaut, die darauf beruht, dass Antiwasserstoff ein klein wenig magnetisch ist.

Die Antimaterie-Teilchenfalle des Alpha-Experiments am Cern von außen betrachtet.
Foto: Alpha-Experiment

Durch ein Fenster dieser Teilchenfalle, die 28 Zentimeter lang und 4,4 Zentimeter Durchmesser hat, bestrahlten sie die Antiatome mit einem Laserstrahl und konnten auf diese Weise das optische Spektrum ziemlich exakt messen.

Wie die Forscher im Fachblatt "Nature" berichten, besitzt Anti-Wasserstoff das – soweit sich das mit der erreichen Messgenauigkeit sagen lässt – gleiche optische Spektrum wie Wasserstoff.

Eine schematische Beschreibung, wie die Anti-Wasserstoff-Falle funktioniert.
Foto: Nature

Die Resultate würden damit einmal mehr das Standardmodell der Teilchenphysik bestätigen, schrieben die Physiker. Eine gewisse Messunsicherheit von etwa 0,2 Milliardstel bleibt jedoch – und womöglich versteckt sich genau darin ein Unterschied zwischen Materie und Antimaterie.

Künftig wollen die Physiker daher die Präzision weiter erhöhen und damit der Symmetrie von Materie und Antimaterie noch genauer auf den Zahn fühlen. (red, sda, 19.12.2016)