Nach den Wahlen in Mazedonien am 11. Dezember, die die Regierungspartei VMRO-DPMNE vor den Sozialdemokraten (SDSM) nur knapp gewann, werden nun einige Beschwerden geprüft.

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Skopje/Sarajevo – Die Demonstranten brachten gelb-rote Staatsflaggen mit der Sonne darauf mit. "Wir tragen dich in der Seele, für dich geben wir unser Leben, oh Mazedonien!", riefen sie im Sprechchor vor dem Gebäude der Wahlkommission. Die Regierungspartei VMRO-DPMNE hatte in den letzten Tagen ihre Anhänger aufgerufen, die Wahlkommission aufzufordern, rasch endgültige Ergebnisse des Urnengangs vom 11. Dezember zu veröffentlichen und Beschwerden der Opposition nicht zu berücksichtigen.

Am Sonntag endete die Frist, um Unregelmäßigkeiten zu melden. Insgesamt wurden vier Beschwerden der oppositionellen Sozialdemokraten (SDSM) im nordwestlichen Gostivar akzeptiert. Das Verwaltungsgericht hat nun 48 Stunden Zeit, darauf zu reagieren. Die VMRO hat aber bereits angekündigt, dass sie eine teilweise Wahlwiederholung im Falle einer erfolgreichen Anfechtung nicht akzeptieren würde.

Offenbar hat sie Sorge, ihr knapper Wahlsieg könnte gefährdet werden. Laut den vorläufigen Ergebnissen wird die VMRO 51 der 120 Parlamentssitze bekommen. Gemeinsam mit den albanischen Parteien DUI (zehn Mandate) und DPA (drei Mandate) könnte sie zwar wieder eine Regierung bilden, allerdings ist das Ergebnis knapp. Die SDSM stellt voraussichtlich 49 Parlamentarier.

"Treue bis zum Tod"

Ursprünglich hatte die DPA angekündigt, die albanische Reformpartei Besa zu unterstützen, die mit den Sozialdemokraten koalieren will, aber dann hat es sich Parteichef Menduh Thaçi offenbar doch anders "überlegt". Die Koalition könnte bald stehen. Thaçi gilt als korrupt. In einem abgehörten Telefonat ist seine Stimme zu hören, wie er dem ehemaligen Geheimdienstchef Sašo Mijalkov "Treue bis zum Tod" schwört.

Mijalkov, der im Vorjahr zurücktreten musste, ist nicht nur der Cousin von VMRO-Parteichef Nikola Gruevski, sondern auch das Mastermind des bisherigen Regimes. Der Mann, der im Übrigen einen kroatischen EU-Pass besitzt, steht auch im Visier der Sonderstaatsanwaltschaft, die von der EU und den USA geschaffen wurde, um Wahlfälschung, Unterschlagung, Erpressung und Veruntreuung aufzuklären. Falls die alte Regierung wieder an die Macht kommt, wird sie wohl alles daran setzen, die Arbeit dieser Staatsanwaltschaft zu behindern.

Beweise zurückgewiesen

Vergangene Woche zeigte sich bereits, dass die Gerichte davor zurückschrecken, die bisherigen Eliten anzugreifen. In jenem Fall, in dem Ex-Premier Nikola Gruevski und 13 andere verdächtigt werden, einen Angriff auf einen Oppositionspolitiker angeordnet und durchgeführt zu haben, wurden nun abgehörte Telefonate, auf denen auch Gruevski zu hören ist, nicht als Beweismittel zugelassen.

Die Regierungspartei versucht nicht nur die Justiz, sondern auch die Medien und Polizei zu kontrollieren. Die Entwicklung des Balkanstaates steht und fällt damit, ob die alten Eliten an der Macht bleiben oder mithilfe der Sonderstaatsanwaltschaft, Rechtsstaatlichkeit und Demokratisierung eine Chance haben.

Ex-Premier Nikola Gruevski ist offensichtlich nervös. Am Samstag hielt er eine Rede, in der er indirekt die EU und die USA attackierte und sich jegliche Einmischung von ausländischen Botschaften verbat. In äußerst aggressivem Tonfall kündigte er an, dass seine Partei gegen den Einfluss von NGOs, die von George Soros bezahlt würden, vorgehen werde. Die EU-Kommission zeigte sich über die "wachsende negative Rhetorik" besorgt.

Interne Kritik an Gruevski

Tatsächlich gibt es aber auch aus der eigenen Partei Kritik an Gruevski. Zudem ist es nicht ausgeschlossen, dass die Opposition doch noch eine Mehrheit zusammenbringt. Zuletzt versuchte der albanische Regierungschef Edi Rama, dabei zu helfen, eine Koalition zwischen einigen mazedonischen Albaner-Parteien und der SDSM zu schmieden.

Der bei der letzten Wahl erfolgreichen albanischen Reformpartei Besa dürfte es allerdings vorerst lieber sein, in der Opposition zu bleiben. Denn nächstes Frühjahr gibt es Kommunalwahlen, bei der eine Oppositionspartei mehr Chancen hat. Und viele rechnen ohnehin damit, dass die neue Regierung nicht lange halten wird. (Adelheid Wölfl, 20.12.2016)