Gemeinsam mit Marvel setzt Netflix nun auch Serien zu Comic-Superhelden um. Viel Lob erhielt etwa die mittlerweile zwei Staffeln füllende Adaption von "Daredevil".

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"Narcos" gilt als eine der besten Serien von Netflix.

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Zwei Streaming-Anbieter sind dieses Jahr angetreten, um die Weltherrschaft an sich zu reißen. Während Netflix bereits zu Jahresanfang in zahlreiche neue Märkte vorgedrungen ist, hat Amazon erst kürzlich mehr als 100 Länder erschlossen und seinen Prime-Video-Service dabei vielerorts auch als eigenständiges Angebot abseits des normalen Prime-Abos verfügbar gemacht.

Amazon ist nun mit seinem Bewegtbild-Dienst in 200 Ländern, Netflix in 190 verfügbar. Die Grundlage für dieses globale Angebot sind die immer größeren Investitionen in Eigenproduktionen, erklärt Wired.

Ärger mit dem Urheberrecht

Hätten Amazon und Netflix nicht Blockbuster-Umsetzungen wie "House of Cards", "Bosch" oder "Homeland", wäre eine profitable Erschließung von so vielen Märkten nicht denkbar, meint der TV-Analyst Tony Gunnarsson von Ovum. Denn die Inhalte aus eigenem Hause sind die einzigen Inhalte, die die Anbieter praktisch problemlos überall anbieten können.

Bei zugekauftem Content hingegen müssen sich die Streaming-Provider mit verschiedenen Rechteinhabern arrangieren und können Deals oft nur mit regionalen und zeitlichen Beschränkungen abschließen. Dazu kommen unterschiedliche nationale Gesetze im Umgang mit den Produktionen. In Frankreich konnte Netflix etwa "The Big Short" nicht ins Programm aufnehmen, da dort das Streamen von Filmen frühestens drei Jahre nach Kinostart erlaubt ist.

Auch eigene Shows und Filme zu produzieren ist kein leichtes Unterfangen und setzt voraus, dass man entsprechende Infrastruktur und Logistik aufzieht. Hat man aber einmal ein Werk fertiggestellt, muss man mit niemandem darüber verhandeln, wo, wann und wie lange es den eigenen Kunden zur Verfügung stellen darf.

Netflix

Lerneffekt

Netflix hat die dunkle Seite des komplexen internationalen Urheberrechts auf die harte Tour kennen gelernt. 2008 schloss man mit Starz einen Vierjahres-Deal ab, der dem Unternehmen die Streaming-Rechte für neue Filme von Disney, Sony und anderen bekannten Studios bescherte. Das so aufgewertete Angebot verhalf Netflix zu stärkerer Popularität, führte aber auch zu einem entrüsteten Aufschrei, als zahlreiche bekannte Titel nach Ablauf der Vereinbarung von einem Tag auf den anderen wieder verschwanden.

Der Konkurrenz bei Amazon ist dies freilich nicht verborgen geblieben. Nicht ohne Grund hat Konzernchef Jeff Bezos verkündet, dass man das Budget für Eigenproduktionen verdreifachen will. Netflix will allein 2017 sechs Milliarden Dollar für seine "Originals" ausgeben. Trotz dieser immens wirkenden Summen sei es "insgesamt billiger, eigene Serien zu produzieren, als sie einzukaufen", so Gunnarsson.

Mehr Kontrolle, mehr Erfolg

Die volle Kontrolle über die Inhalte ermöglicht zudem bessere Markenbildung und Kundenbindung. Minutiös analysieren die Streaming-Services das Sehverhalten ihrer User. Sie wissen daher, was gefragt ist. Und statt darauf zu warten, dass ein externer Anbieter eine passende Serie anbietet, die beim Publikum ankommt, produziert man sie selber.

Dabei lässt sich mithilfe der eigenen Zuschauer auch das Kostenrisiko senken, wie es etwa Amazon tut. Vielversprechende Skripte werden in Form von Pilotfolgen umgesetzt und verfügbar gemacht. Nutzer können sich diese ansehen und anschließend in einer kurzem Umfrage ihr Feedback abgegeben. Was gut abschneidet, erhält weitere Finanzierung und wird zu einer eigenen Serie. Was nicht ankommt, verschwindet in der Versenkung.

Netflix wiederum nutzt die Analyse des Seherverhaltens zur Berechnung des Budgets für neue Filme und Serien. Ein Ansatz, der zu funktionieren scheint: Aus dem vielkritisierten Deal mit Adam Sandler ging etwa der Film "Ridiculuous 6" hervor, der binnen eines Monats zum bisher meistgestreamten Film auf der Plattform avancierte.

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Technikwettlauf

Bei Eigenproduktionen müssen die Anbieter auch nicht darauf warten, dass konventionelle Studios beim technischen Fortschritt nachziehen. Im April 2014 begann Netflix damit, "House of Cards" in 4K-Auflösung anzubieten, kurz darauf sprang auch Amazon auf den Zug auf. Und das, obwohl TV-Geräte mit entsprechender Auflösung damals noch kaum verbreitet waren. Beide bieten mittlerweile auch HDR-Inhalte an.

Die beiden Streaming-Riesen stellen damit sicher, dass ihr derzeitiges Angebot auch in wenigen Jahren noch gut aussieht, wenn TV-Geräte mit 4K-Auflösung und HDR-Support so allgegenwärtig sind wie es Full-HD-Fernseher heute sind. Mit einem Katalog immer mehr selbstproduzierter Filme und Serien, die grafisch wie inhaltlich von hoher Qualität sind, scheint der Siegeszug von Amazon und Netflix kaum aufzuhalten zu sein. (red, 26.12.2016)