Es war einmal eine Zeit, da brannte die Welt. Da wurden die armen Leute immer ärmer, setzten sich in kippelige Boote und suchten das Weite. Sie fuhren übers Meer, sie kenterten, sie ertranken, viele aber erreichten ihre Hoffnungsküsten. Die Reichen nahmen sie auf, gaben ihnen Unterkunft und Auskommen – und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Die Reichen wie die Armen.

Es war einmal eine Zeit, da brannte die Welt, da verbrannte Aleppo. Da starben die Kinder, da starben die Erwachsenen, und ihre Hilferufe verhallten. Doch dann besann sich die Völkergemeinschaft ihres Auftrags und des menschlichen Gewissens – und rettete die Überlebenden. Sie gab ihnen Schutz und ihr Vertrauen in die Menschlichkeit zurück – und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Die Helfer wie die Geretteten.

Es war einmal eine Zeit, da brannte die Welt und da feierten die Reichen. Sie begingen ihre Geburtstage, und sie begingen sie nachdenklich und würdig. Da lud der Kirchenoberste acht Obdachlose in sein Haus und nahm dankend sein Geschenk entgegen: einen Strauß Sonnenblumen.

Ein großer Landesfürst in einem kleinen, reichen Land tat es ihm gleich. Er lud 3000 Arme und Bedürftige in sein Zelt, labte sie auf eigene Kosten und nahm dankend sein Geschenk entgegen: Hochachtung.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. (Renate Graber, 20.12.2016)