Die Polizeipräsenz auf heimischen Christkindlmärkten, wie jenem auf dem Rathausplatz, wird verstärkt.

Foto: Regine Hendrich

Innsbruck/Linz/Salzburg/Wien – Eine Christbaumkugelverkäuferin auf dem Wiener Rathausplatz spricht sich gegen stärkere Sicherheitsvorkehrungen oder mehr Polizei auf Adventmärkten aus: "So sicher kann man gar nichts machen", sagt sie. "Waffelmacher" Ernst in der Nebenhütte sieht das genauso: "Da kann alles voll Polizei sein, Anschläge kann man nie ganz verhindern." Auch weitere am Dienstag vom STANDARD befragte Christkindlmarktverkäufer und -besucher halten Betonbarrieren oder mehr Exekutive nicht für sinnvoll. Ob nun weniger Gäste kommen, war am Dienstag noch unklar.

Innenminister Wolfgang Sobotka sagte am Dienstagabend, der Anschlag von Berlin habe auch Auswirkungen auf Österreich, es bestehe eine erhöhte Gefährdungslage. Die Polizeikräfte seien bis 9. Jänner in verstärkte Einsatzbereitschaft versetzt worden. Ab Mittwoch sollen an exponierten Stellen wie beim Christkindlmarkt am Stephansplatz Betonsperren aufgestellt werden, hieß es Dienstagabend in der "Zeit im Bild 2".

Welche Sicherheitsvorkehrungen es auf Adventmärkten und bei anderen Veranstaltungen in der Öffentlichkeit gibt, wird in Österreich anhand von Landesgesetzen entschieden. Die Veranstalter schließen sich mit den genehmigenden Behörden und der Polizei kurz und präsentieren ihr Sicherheitskonzept. Dieses wird in der Folge auch mit Vertretern der Bezirks- und der Verkehrspolizei besprochen, wie bei der Genehmigung einer Demonstration oder einer politischen Kundgebung.

Auch in Salzburg wird die Polizeipräsenz in der Innenstadt und im Bundesland an neuralgischen Punkten erhöht, hieß es von der Exekutive. An stark frequentierten öffentlichen Orten – etwa Christkindlmärkten – werde die Zahl der Polizisten in Uniform sowie in Zivil erhöht. Gleichzeitig sei die Polizei mit Veranstaltern in Kontakt, um das Sicherheitskonzept von Märkten zu überprüfen.

Gespräche über Anschläge

Bezüglich jenes 25-jährigen Marokkaners, der am Montag in einem Flüchtlingsquartier in Fuschl festgenommen wurde, hat die Staatsanwaltschaft Salzburg bestätigt, dass es Gespräche über einen terroristischen Anschlag in Salzburg in der Zeit von Weihnachten bis Silvester gegeben habe. Auf eine Terroraktivität hindeutende Hinweise gebe es laut Verfassungsschutz aber nicht.

In Linz berät ein Krisenstab im Hinblick auf die Festtage und die Silvesterfeier in der Stadt, ob die Sicherheitsvorkehrungen ausreichen. Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) sagte vorab, dass die geplante große Silvesterfeier auf dem Hauptplatz stattfinden müsse und man sich nicht in Angst versetzen lasse: "Wir wollen und werden unser Leben in Freiheit fortführen."

Auf den drei Hauptweihnachtsmärkten in Innsbruck will man sich auch nicht einschüchtern lassen. "Wir haben an den Eingängen zur Altstadt geschwindigkeitsbremsende Vorrichtungen installiert, damit so etwas wie in Berlin gar nicht passieren kann", sagt Robert Neuner, Organisator der Innsbrucker Bergweihnacht. Diese Gefahr bestehe an den anderen Standorten ohnehin nicht, da keine solche Zufahrtsmöglichkeit bestehe. Zusätzlich verstärkt die Polizei die Streifen. Neuner rechnet auch nicht mit einem Besucherrückgang.

Die Beurteilung der allgemeinen Sicherheitslage in Österreich ist Bundessache. Entsprechende Maßnahmen werden anhand der Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes gesetzt – durch die örtliche Polizei auf Anordnung des Innenministeriums, wo auch der Verfassungsschutz ressortiert. Die allgemeine Sicherheitslage wird bei regelmäßigen Lageeinschätzungen aktualisiert, folgt dabei aber keinem Stufenmodell.

Keine Urlaubssperren

Nach dem Anschlag in Berlin gilt für Landespolizeidirektionen, Cobra, Flugpolizei und jeweilige Einsatzleitungen "erhöhte Einsatzbereitschaft", damit Einsatzkräfte im Anlassfall rasch in großer Zahl verfügbar wären, wie es aus dem Innenministerium heißt. Urlaubssperren seien dafür nicht verhängt worden.

Innenminister Sobotka hat die Polizei am Dienstag zudem zu "erhöhter Wachsamkeit" aufgerufen, und die Landespolizeidirektionen angewiesen, die Präsenz im öffentlichen Raum zu erhöhen.

"Nicht absicherbar"

Betonpflöcke könnten vielleicht Lkw-Anschläge abhalten – andere denkbare Attacken jedoch nicht, meint der Soziologe und Sicherheitsexperte Reinhard Kreissl im STANDARD-Gespräch. Terrorangriffe seien "mit einfachsten Mitteln, aber massiven Folgen möglich", sagte er: "Ob U-Bahnen, Flughäfen oder Weihnachtsmärkte: Der öffentliche Raum ist im Grunde nicht absicherbar."

Das, so Kreissl, sei Ausdruck der "Verletzlichkeit moderner Gesellschaften". Wichtig sei, sich dessen bewusst zu sein, dass es Attentätern darum gehe, "die Gesellschaft zu spalten und die Leute zu verunsichern". (ars, bri, mro, ruep, spri, 21.12.2016)