Man kann es nicht oft genug sagen: Bei aller Hektik, Nervosität und Aufregung, mit der wir uns auf die Festtage vorbereiten, dürfen wir nicht vergessen, worum es am 24. Dezember wirklich geht. Nicht um Konsum oder Kommerz, nicht um reich gedeckte Gabentische und Festtafeln, nicht um ein leeres Ritual oder eine der Tradition geschuldete Pflichterfüllung. Nein, an diesem Tag feiern wir die Geburt des Erlösers.

Am 24. Dezember 1946 erblickte Erwin Pröll in Radlbrunn das Licht der Welt. Und umgekehrt.

Doch wo so viel Licht ist, gibt es auch Schatten. Dass die alljährliche Besinnung auf dieses Ereignis heuer aufgrund ihrer siebzigsten Wiederkehr mit besonders unterwürfiger Ehrerbietung zelebriert wird, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Erlöser in seinem unermüdlichen Einsatz für das Heil Niederösterreichs und des Rests der Welt leider nicht dazugekommen ist, seine Nachfolge zu regeln. Der Fels, auf dem er sein künftiges Sankt Pölten bauen wird, ist noch nicht gefunden. Weder der in die brackigen Tiefen des Hypo-Sumpfs ziehende Mühlstein Sobotka noch der durch Hitzewellen und Frosteinbrüche der Landespolitik verwitterte Wetzstein Mikl-Leitner, und schon gar nicht die anderen im direkten Umfeld Erwins ausliegenden Kieselsteine und Schotterkörner scheinen dafür geeignet.

Vielleicht liegt es daran: Wer durchgehend mit Erlösung der anderen beschäftigt ist, kann sich nicht auch noch um die eigene Ablösung kümmern. Diese Erklärung klingt plausibel, wenn man bedenkt, dass 2016 auch in anderen Bundesländern das Jahr der Götterdämmerung war. Just die beiden einzigen vom Allmachtsfaktor mit Pröll vergleichbaren Landesväter Michael Häupl und Josef Pühringer wurden mit Anrufungen und Fürbitten überhäuft, ihre Nachfolger auf Erden doch endlich zu benennen. Mit ihrer diesbezüglichen Zögerlichkeit riskieren sie das Aufkommen von Irrlehren, Spaltungen und parteiinternen Glaubenskriegen.

Und wenn wir schon beim Glauben sind: Auch wenn der Stern von Radlbrunn derzeit alles überstrahlt, sollten wir nicht auf ein anderes Fest ganz vergessen. Nämlich auf Weihnachten, mitsamt seinem schönen Brauch, sich zu diesem Anlass etwas zu wünschen. Mein diesbezüglicher Vorschlag wurde bereits Ende Oktober vom steirischen Landeshauptmannstellvertreter Michael Schickhofer in einem Interview mit dem STANDARD formuliert. Und zwar so: "Ein Österreich, eine Gesetzgebung. Weg mit all dem neunfachen Regelbestand! Warum brauchen wir, von der Jagd bis zum Jugendschutz, lauter eigene Landesgesetze? Das bedeutet einen enormen Aufwand, da wären wirklich Milliardenbeträge zu holen."

Laut einer ebenfalls in diesem Blatt veröffentlichten Meinungsumfrage wird der Wunsch nach einer bundesweiten Vereinheitlichung der Gesetze von den Österreicherinnen und Österreichern unterstützt. Und zwar von sage und schreibe 91 Prozent. Das ist gar nicht einmal eine so winzige Minderheit. Vielleicht gelingt es ja der Dreifaltigkeit Pröll, Häupl und Pühringer ihren eines Tages doch unvermeidlichen Abgang mit der Offenbarung einer Frohbotschaft zu verbinden, indem sie das Flehen ihres Volkes endlich erhört. (Florian Scheuba, 21.12.2016)