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Die Erde bei Nacht, aufgenommen von dem Wetter- und Umweltsatelliten Suomi NPP der Nasa. Für uns nicht erkennbar verlangsamt sich die Erdrotation über die Jahrtausende. Dass dies in geringerem Ausmaß geschieht als gedacht, haben nun britische Forscher entdeckt.

Foto: :NASA/AP/dapd

Taunton – Dass sich die Tageslänge über die Jahrmillionen hinweg allmählich verändert, ist allgemein bekannt. Bisherige Berechnungen kamen zu dem Schluss, dass unsere Tage in hundert Jahren um 2,3 Millisekunden länger werden. Eine aktuelle Studie wartet nun allerdings mit einem völlig anderen Ergebnis auf: Jahrtausende alte Aufzeichnungen liefern den Beweis, dass sich die Rotation der Erde weniger schnell verlangsamt als gedacht.

Vor vier Milliarden Jahren dauerte ein Tag nur 14 Stunden. Dass wir heute um 10 Stunden längere Tage haben, dafür ist hauptsächlich der Mond verantwortlich, der aufgrund seiner Gezeitenkräfte die Drehung unseres Planeten um die eigene Achse einbremst. Heruntergerechnet entspricht dies einer Verlangsamung von 2,3 Millisekunden alle hundert Jahre.

Theorie und Satelliten-Messwerte schienen bisher weitgehend übereinzustimmen – und doch haben nun britische Wissenschafter Unstimmigkeiten ausgemacht, die sich erheblich auf die bisher angenommene Tagesverlängerung auswirken: Ein Team um Catherine Hohenkerk vom Königlich britischen Nautical Almanac Office in Taunton hat antike astronomische Aufzeichnungen analysiert und ist zu dem Schluss gekommen, dass unsere Tage pro Jahrhundert in Wahrheit nur um 1,78 Millisekunden länger werden.

Babylonische Schriften liefern exakte Daten

Entscheidenden Hinweise darauf lieferten vor allem babylonische Keilschrifttexte, in denen mesopotamische Himmelsbeobachter vor 2.700 Jahren die genauen Zeitpunkte von astronomischen Ereignissen, darunter insbesondere Sonnenfinsternisse, festgehalten haben. Die Analyse von huntertausenden Messwerten zur Bedeckung von Sternen durch den Mond bestätigten die historischen Schriften.

Was aber bremst nun die bisher gültige Tagesverlängerung? Die Wissenschafter erklären sich die eklatante Diskrepanz von 0,5 Millisekunden vor allem mit geodynamischen Prozessen an der Grenze von Erdkern und Mantel, die die Erdrotation entgegen dem Mondeinfluss beschleunigen. Darüberhinaus dürften sich auch klimatische Effekte auswirken, wie die Forscher im Fachjournal "Proceedings of the Royal Society A" schreiben: Als die Eismassen nach der letzten Kaltzeit schmolzen, wurde eine enorme Last von den Kontinenten genommen. Das langsame Zurückfedern der Erdkruste veränderte auch die Form der Erdkugel und damit ihre Rotationsgeschwindigkeit. (tberg, 25.12.2016)