Dass die GIS Auskunft bei UPC, A1 und Co. einholen kann, ist ein Mythos.

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Es war sieben Uhr Abends, als es bei Frau F. zuerst klingelte und anschließend energisch an der Tür geklopft wurde. Ein jüngerer Herr stand vor dem Eingang und stellte sich als Kontrolleur der GIS vor, jene Firma, die dafür zuständig ist, von Haushalten mit klassischem Fernsehempfang die Rundfunkgebühren einzuheben.

Frau F. öffnete nicht, sie würde generell keine unerwarteten und ihr unbekannten Personen in ihre Wohnung eintreten lassen, erklärte sie dem Kontrolleur. Dessen Frage nach einer Sichtung etwaiger Rundfunkempfangsgeräte sich somit erübrigt hatte. Doch bevor er unverrichteter Dinge wieder ging, sprach er eine Mahnung aus. Würde die GIS durch A1 oder UPC herausfinden, dass Frau F. Fernsehdienste in Anspruch nimmt, drohe ihr eine Strafe von bis zu über 2.000 Euro.

Von Kollegen gehört

Grund genug, nachzufragen. Direkt konfrontiert, vermochte der Kontrolleur nicht auszuführen, wie die GIS in Erfahrung bringen könne, ob Frau F. TV-Kundin bei A1 oder UPC sei. Ob und welche Kontaktstellen es zwischen den Unternehmen gäbe sei ihm nicht bekannt. Auch schriftliche Informationen hatte er nicht im Gepäck.

Er – als noch recht neuer GIS-Mitarbeiter – habe aber von Kollegen gehört, dass man solche Auskünfte einholen könnte. Diese Kollegen würden bei ihren Vor-Ort-Besuchen ebenfalls diese Angabe machen, wenn ihnen der Eintritt verweigert wird. Für weitere Auskünfte wollte er seinen Vorgesetzten anrufen, der jedoch auch nach mehreren Anrufversuchen nicht abhob. Er versprach, sich intern weiter zu erkundigen, da er selbst keine Falschinformationen verbreiten wolle.

Dass das "Gebühren Info Service" von TV-Anbietern über deren Kunden informiert wird, ist keine neue Behauptung. Entsprechendes scheint öfters von Kontrolleuren behauptet zu werden. Ein Indiz dafür liefert nicht nur das gerade geschilderte, reale Fallbeispiel, sondern auch mehrere WebStandard-Leser, die entsprechend Erlebnisse bei einer (nicht repräsentativen) Facebook-Umfrage bestätigen.

UPC und A1 dementieren Informationsweitergabe

Doch laut den TV-Anbietern handelt es sich um einen Mythos. "Das ist eine wiederkehrende Falschmeldung", heißt es etwa von Seiten der UPC gegenüber dem WebStandard. Man habe sich schon öfters durch Kunden mit derlei Anschuldigungen konfrontiert gesehen, schließe "die Weitergabe von Kundendaten an die GIS aber zu hundert Prozent aus."

Die Rechtsabteilung des Kabelnetzbetreibers ergänzt hierzu, dass man auch keine gesetzliche Grundlage kennt, auf deren Basis die GIS eine Beauskunftung über die Inanspruchnahme von TV-Paketen an einer Wohnadresse erzwingen könnte. Daher habe die GIS auch über den Gerichtsweg noch keine Auskunft erhalten, weil dieser auch noch nie beschritten wurde. "

Gleichlautendes meldet A1. Eben so wenig wie man freiwillig Auskunft erteilen würde, sehen auch hier die eigenen Juristen keine gesetzliche Handhabe für die GIS. "Wir geben definitiv keine Daten weiter", heißt es.

Einer der bekannten GIS-Einschaltungen mit dem "sprechenden Fernseher".
KeyTVAustria

Ausnahmefälle Sky und HDAustria

Was für A1 und UPC gilt, gilt grundsätzlich auch für andere Kabelnetzbetreiber. Eine Ausnahme stellt der über deren Netze eingespeiste PayTV-Anbieter Sky dar. Bucht man dessen Dienste, so lässt sich optional per Smartcard der digitale Empfang der ORF-Programme aktivieren.

Dies geschieht allerdings nur, wenn der jeweilige Kunde bereits die Rundfunkgebühr zahlt. Zur Prüfung dieses Umstandes leitet Sky laut Punkt 5.5 seiner Servicebedingungen (PDF)(Letztstand: 20. Juli 2015) die Anmelderdaten an die GIS weiter, die daraufhin Auskunft erteilt. Auch der Anbieter HDAustria behält sich in seinen Datenschutzbestimmungen (PDF, S.12, Punkt 2d) eine Übermittlung der Kundeninformationen zu Zwecken der "Vertragserfüllung" an GIS bzw. ORF vor.

Punkt 5.5 der AGB von Sky.
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GIS kann auf Meldedaten zugreifen

Der Verdacht, dass die TV-Anbieter und GIS eine "unheilige Allianz" eingegangen sind, hat sich in der Vergangenheit schon daraus ergeben, dass scheinbar kurz nach der Anmeldung eines Fernsehpakets oft ein Kontrolleur vorstellig wird. Tatsächlich hat die GIS allerdings – wie auch Gemeinden, Behörden und auch Privatpersonen – Zugriff auf das zentrale Melderegister, kann also ermitteln, wann sich an einer Adresse eine neue Person anmeldet.

Da dies etwa bei einem Umzug der Fall ist und Anmeldungen von Internet- und TV-Services üblicherweise kurz nach einer Übersiedelung erfolgt, gibt es hier also abseits von tatsächlichen Zufällen ein logisches Erklärmodell.

Frau F. wird wieder Besuch erhalten

Macht jemand keine Angaben zum (Nicht-)Vorhandensein von Fernseh- und Radioempfangsgeräten, bleibt er in der GIS-Datenbank gespeichert und muss mit Folgebesuchen rechnen. Bei langfristig ausbleibender Auskunft ist theoretisch eine Strafe von 2.080 Euro möglich.

Die Meldedaten von Personen, die Rückmeldung geben, muss die GIS bis zum Ende des folgenden Kalenderjahres löschen. Frau F. und ihr Kontrolleur dürften sich also wiedersehen.

Keine Freude bei der GIS

Bei der GIS zeigt man sich nicht glücklich über den geschilderten Vorfall. "Das ist absolut nicht in unserem Sinne", meint Geschäftsführer Harald Kräuter. Auch er selbst verneint, dass es einen Datenaustausch zwischen A1, UPC und der GIS gibt. Die Mitarbeiter im externen Kundendienst sollten darüber auch Bescheid wissen, man wolle dies künftig in Schulungen aber noch einmal erläutern.

Von den Anbietern Informationen zu erhalten, etwa über ein zentralisierters Teilnehmerregister, wie es in anderen Staaten teilweise der Fall ist, würde die Arbeit der GIS erleichtern, so Kräuter weiter. Ein entsprechendes politisches Begehren habe man aber bislang nicht an die Politik gerichtet und derzeit auch nicht vor, dies zu tun. (Georg Pichler, 15.1.2017)