Berlin – Mehrere Jahre zusätzliche Lebenszeit gewinnen, indem man anderen hilft? Das klingt nach einer Win-win-Situation und soll tatsächlich funktionieren: Zu diesem Schluss kommt jedenfalls ein internationales Forscherteam mit Beteiligung des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin. Für ihre Langzeitstudie, die im Fachblatt "Evolution and Human Behavior" veröffentlicht wurde, verglichen die Wissenschafter ältere Menschen, die ihre Enkelkinder oder andere Personen betreuten, mit Senioren, die dies nicht tun.

Die Hälfte der Großeltern, die ihre Enkelkinder umsorgten, lebte noch etwa zehn Jahre nach dem ersten Interview, das 1990 durchgeführt worden war. Ähnlich sah es bei Menschen aus, die zwar keine Enkelkinder hatten, aber ihre Kinder unterstützten – beispielsweise im Haushalt. Von denjenigen, die sich nicht engagierten, starb dagegen etwa die Hälfte innerhalb von fünf Jahren.

Der positive Effekt der Fürsorglichkeit beschränkt sich den Autoren zufolge aber nicht auf die eigene Familie. Die Datenanalyse zeige, dass auch kinderlose ältere Erwachsene, die anderen Menschen etwa emotionalen Beistand leisteten, davon profitieren können. Etwa 50 Prozent der Engagierten lebte noch sieben weitere Jahre, während diejenigen, die sich sozial nicht engagierten, im Schnitt nur noch vier Jahre weiterlebten.

Kein Patentrezept

"Jedoch sollte man das Sorgen für andere nicht als Patentrezept für ein längeres Leben verstehen", sagt Ralph Hertwig vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. "Wir gehen davon aus, dass bei einem moderaten Maß von Engagement tatsächlich positive Effekte auf die Gesundheit zu erwarten sind. Wenn es darüber hinausgeht, zeigen frühere Studien, dass dies zu Stress führt, der sich negativ auf die physische und psychische Gesundheit auswirkt", so Hertwig.

Die Wissenschafter vermuten, dass die Wurzeln prosozialen Verhaltens ursprünglich in der Familie liegen. "Es scheint plausibel, dass die Entwicklung von prosozialem Verhalten der Eltern und Großeltern gegenüber ihren Nachkommen durch ein neuronales und hormonales System möglich gemacht wurde, das dann auch die Grundlage für Kooperation und altruistisches Verhalten gegenüber Nichtverwandten bildete", so Koautorin Sonja Hilbrand von der Universität Basel. (red, 22.12.2016)