Wien – Das umstrittene Großbauvorhaben am Wiener Heumarkt-Areal wächst sich zum "Präzedenzfall" aus. Einen solchen sieht jedenfalls die Unesco in einer Stellungnahme. Laut der österreichischen Unesco-Kommission könnten nämlich weitere Hochhausbauten bevorstehen. Vorwürfe, dass man mit der Welterbeaberkennung drohe oder gar die Stadt erpresse, weist die Kommission zurück.

Vielmehr mache die Unesco aufmerksam und überwache, wie es das entsprechende Übereinkommen vorsehe. Man kümmere sich um die Einhaltung jener Parameter, zu denen sich Österreich beziehungsweise die Stadt Wien verpflichtet hätten, um das historische Zentrum zu schützen. Genau darum gehe es nämlich: den Schutz der Welterbezone, die nur 1,8 Prozent des gesamten Stadtgebiets ausmache.

"Vor negativen Entwicklungen schützen"

"Die Stadt Wien selbst hat das Gebiet ausgewählt und bei der Unesco eingereicht", betont die Unesco. Nun müsse man es vor negativen Entwicklungen wie "massiven Hochhausbauten" schützen. Die Unesco übernehme hier eine "Controller-Funktion", die "eigentlich die Staaten selbst übernehmen sollten". Es gehe nicht um eine Einschränkung der Weiterentwicklung Wiens, sondern darum, wo und in welcher Qualität etwas gebaut werde – beziehungsweise ob unbedingt in einem Welterbegebiet hoch gebaut werden muss. "50 Stadtzentren in Europa, die auch Weltkulturerbe sind, schaffen diese städtebaulichen Vorgaben problemlos."

Derzeit 66 Meter hoher Turm geplant

Die Unesco spricht sich für "welterbeverträgliche, gute bauliche Entwicklungen" aus, bei denen Qualität und Quantität in Relation zum Bestehenden stehen. Das Heumarkt-Projekt mit dem laut derzeitigen Plänen 66 Meter hohen Turm sei ein Präzedenzfall, weitere Hochhausbauten könnten folgen.

Natürlich bleibe Wien eine sehr attraktive Stadt und ein "Touristenmagnet", das werde sich auch ohne Welterbeauszeichnung nicht ändern. Allerdings könne die derzeitige Entwicklung die Stadtsilhouette nachhaltig gefährden. Darum seien Stadtplanungsinstrumente nötig, die den Schutz des historischen Zentrums garantieren.

Unesco-Komitee entscheidet im Juli

Die nächsten Schritte stehen bereits fest: Die Republik muss bis 1. Februar schriftliche Unterlagen zur Unesco nach Paris schicken, etwa Informationen über die adaptierten Baupläne, exakte Visualisierungen mit der Einzeichnung der Sichtachsen und eine Darlegung der Stadtplanungsinstrumente – also etwa des Wiener Hochhauskonzepts und des sogenannten Masterplans Glacis.

Im Juli 2017 tagt dann das Welterbekomitee in Krakau. Dort wird laut Unesco auf Basis dieser Unterlagen entschieden, was mit Wien passieren wird – möglich ist etwa eine Eintragung des historischen Stadtzentrums in die Rote Liste des gefährdeten Welterbes. Ob es vorher noch Gespräche mit der Stadt geben wird ist offen. Momentan seien solche nicht geplant, es gebe auch keine entsprechenden Anfragen, heißt es aus der Unesco-Kommission. (APA, red, 23.12.2016)