Feldkirch – Ein Mann ersticht seine Frau, die sich von ihm scheiden lassen will. Eigentlich dürfte er die Wohnung der Frau nicht mehr betreten, es wurde gegen ihn wegen seiner Gewalttätigkeit ein Betretungsverbot ausgesprochen. Nach dem Tötungsdelikt begeht der Mann Selbstmord. Für den Psychotherapeuten Arno Dalpra ist der Fall, der sich kürzlich in Wien ereignet hat, ein weiteres Beispiel für versäumte Täterarbeit.

Es brauche dringend die gesetzliche Verankerung zeitnaher Beratung für Gefährder, fordert der Leiter der Gewaltberatung des Instituts für Sozialdienste Vorarlberg. Dazu müsse das Sicherheitspolizeigesetz novelliert werden. Denn noch verhindere das Gesetz schnelles Eingreifen.Opfer würden gleich nach der Tat Hilfe bekommen, sagt Dalpra, Täter oder Täterin jedoch blieben sich selbst überlassen.

Täter in die Verantwortung nehmen

Die Zeit nach einer Wegweisung sei eine besonders gefährliche, weiß der Gewaltberater aus seiner Arbeit. "Der Täter ist aufgewühlt, bleibt sich selbst überlassen", erklärt der Psychotherapeut. Er befinde sich in einer fatalen Situation: "Das verschweigende, einer Selbstlüge gleichkommende Ausmachen mit sich selbst reduziert die Schwelle zur Gewalt und macht die Personen gefährlich", warnt Dalpra.

Beratung, die den Gewalttäter gleich nach der Tat in die Verantwortung nimmt, könne weitere Gefährdung verhindern, sagt der Psychotherapeut.

Datenschutz geht vor

Noch blockiert aber das Sicherheitspolizeigesetz die Datenweitergabe von Gewalttätern an die Beratungsstellen. Der Grund: Ein Täter wird erst nach einer Verurteilung als solcher gesehen, vorher gilt die Unschuldsvermutung und damit auch entsprechender Datenschutz. Was im Alltag bedeutet: Die Polizei darf Daten nicht an Beratungsstellen weitergeben, außer der Täter oder die Täterin wünscht das ausdrücklich. Gewaltberater schlagen nun vor, analog zur Opferberatung auch Gefährderberatungen zu ermöglichen.

Dalpra: "Ein Opfer gilt ja auch bereits vor einer Verurteilung des Täters als Opfer. Täter oder Täterinnen sollten als Gefährder gesehen werden, weitere Gefährdung könnte man durch zeitnahe, verpflichtende Beratung verhindern." Kommt ein gewalttätiger Mensch unmittelbar nach einer Tat in die Beratung, sei die Gefahr einer Wiederholungstat geringer. Dalpra: "Durch die Beratungsgespräche ist dieser Mensch in einem reflektierenden Prozess, die Schwelle zu einer weiteren Gewalttat wird höher."

Mehr Geld für Beratung

Für die Täterarbeit fehlen nicht nur die gesetzlichen Rahmenbedingungen, auch die Finanzierung ist nicht gesichert. Sie hängt vom guten Willen und der Finanzkraft der Länder ab und ist dadurch unterschiedlich geregelt. Dalpra: "Wir brauchen eine einheitliche Bundesfinanzierung für die Beratungsstellen, um effizient für den Schutz vor weiteren Gewalttaten arbeiten zu können." (Jutta Berger, 23.12.2016)