"Bin noch lange nicht auf dem früheren Level", sagt Anna Veith.

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"Großartig, dass Anna Veith hier am Start ist", sagt Franz Steiner.

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Semmering – Alle Spekulationen wurden am Sonntag beendet: Anna Veith kehrt nach 14 Monaten Verletzungspause auf dem Semmering in den Weltcup zurück. Die Salzburgerin wird in den Riesentorläufen am Dienstag (9.45 und 13 Uhr, ORF 1) und Mittwoch, denen am Donnerstag ein Slalom folgt, an den Start gehen. "Ich fühle mich bereit fürs Comeback", erklärte die Olympiasiegerin und dreifache Weltmeisterin in einer ÖSV-Aussendung. "431 Tage – Schmerz, Angst, Enttäuschung, Überwindung, Arbeit, Herausforderung, Mut. Ja es braucht ein großes Stück Mut", teilte Veith via Facebook mit.

Deutliche Fortschritte im Training waren ausschlaggebend für die Entscheidung. "Ich bin körperlich noch lange nicht wieder auf demselben Level wie vor der Verletzung", sagte die Gesamtweltcupsiegerin 2014 und 2015, die sich am 21. Oktober 2015 bei einem Trainingssturz am Rettenbachferner im rechten Knie das vordere Kreuzband, das rechte Seitenband, den Innen- und Außenmeniskus sowie die Patellarsehne gerissen hatte.

Das Comeback des Jahres sollte nicht nur dem ÖSV-Damenteam Auftrieb geben, es steigert natürlich auch das öffentliche Interesse rund um die Rennen auf dem Semmering. Das freut auch Franz Steiner, Chef der Rennorganisation: "Einige Routiniers sind leider verletzt, und die Jugend ist noch nicht ganz so weit. Das sind Minuspunkte. Aber Anna Veith gefällt es hier sehr gut, und es ist großartig, dass sie hier am Start ist. Das sind Pluspunkte."

Minusgrade als Pluspunkt

Nachdem die seit 1995 im Zweijahresrhythmus – weil abwechselnd mit Lienz – stattfindenden Technikbewerbe in der letzten Dezemberwoche 2014 den Witterungsbedingungen zum Opfer gefallen waren, hat diesmal "der Himmelvater ein bisserl auf uns runtergeschaut", sagt Steiner dem Standard. Vor zwei Jahren musste das Tiroler Kühtai einspringen, weil die milden Temperaturen keine Rennen auf dem Hirschenkogel zuließen. Heuer trotzt man mit Erfolg der Klimaerwärmung.

Veranstalter und Publikum dürfen sich sogar über drei Bewerbe, zwei Riesenslaloms und einen Slalom, freuen. "Wir hatten im Dezember einige kältere Tage und konnten die Schneekanonen auf Vollgas laufen lassen und sehr viel Kunstschnee produzieren. So sind wir heuer in der glücklichen Lage, dass die Piste in sensationellem Zustand ist. Die Schneebeschaffenheit ist ideal, die Wetteraussichten sind gut, somit haben wir überhaupt keine Bedenken drei Rennen durchführen zu können", sagt Steiner, der OK-Chef und Präsident des Wintersportvereins WSV Semmering ist.

Das zusätzliche Rennen auf der Passhöhe an der niederösterreichisch-steirischen Landesgrenze bereitete nur insofern Sorgen, als "es doch überraschend gekommen ist und wir Hauptsaison haben", sagt das vor gut 60 Jahren am Fuße des "Zauberbergs" geborene Semmeringurgestein. Probleme mit Behörden, Verkehr und Quartieren konnten natürlich nicht im Handumdrehen gelöst werden, weil sich die Vorbereitungszeit um einen Tag verkürzte und die Schnellstraße S6 um einen weiteren Tag in einer Richtung auf einer Länge von mehreren Kilometern gesperrt werden muss, um Parkplätze zu schaffen.

Der Rennorganisator hofft auf rund 20.000 Zuschauer, damit wäre man sehr zufrieden. Für den Riesenslalom am Dienstag will man Kurzentschlossene mit freiem Eintritt ködern. Der Antritt von Veith, der Siegerin des letzten Semmering-Riesentorlaufs 2012, sollte zusätzlich mobilisieren. Wegen zuletzt ausbleibender Erfolge in der Disziplin wird wohl auch die Salzburgerin umgehend wieder Hoffnungsträgerin, als solche könnte sie Stephanie Brunner und Michaela Kirchgasser entlasten. Brunner (22) war Vierte in Sölden und Achte in Sestriere, Kirchgasser (31) entwickelte sich nach Rang sieben beim Auftakt zum Sorgenkind, kam über die Ränge 16 in Killington und 18 in Sestriere nicht hinaus.

Worley gegen Gut

Favoritinnen sind Tessa Worley und Lara Gut. Die Französin hat 2010 den Riesentorlauf auf dem Semmering gewonnen, war 2012 Dritte. Heuer hat sie die Riesentorläufe in Sestriere und Killington für sich entschieden. Die Schweizerin war Siegerin in Sölden und Dritte in Sestriere, stand 2008 auf dem Semmering als Dritte am Stockerl, als Kathrin Zettel gewann.

Der Ausfall der Rennen vor zwei Jahren "war aus finanzieller Sicht bedingt bitter. Ein finanzieller Kollaps konnte vermieden werden, weil die Veranstaltung vom ÖSV getragen wird und man versichert ist", sagt Steiner. Aber die Rennen sind von enormer Bedeutung. "Es ist super, super, super Werbung, das muss man schon so sehen, man ist live vor Millionenpublikum im Fernsehen, und Medien aus aller Welt berichten. Die Region profitiert direkt, tausende Zuschauer konsumieren und übernachten teilweise auch in der Umgebung."

Vom Sportland Niederösterreich, von den Wiener Alpen und auch von der Gemeinde wird intensiv um Gäste aus osteuropäischen Ländern geworben. "Dieses Konzept verfolgt man nun schon seit Jahrzehnten, und es funktioniert sehr gut." Mit Niederländern oder Deutschen hat man es insofern schwer, als diese natürlich bevorzugt in einem der für sie näheren Skigebiete weiter westlich anschnallen.

Nicht erfreut zeigte sich der OK-Chef über Medienberichte Anfang Dezember, wonach die Rennen gefährdet gewesen sein sollen, als plötzlich für ein paar Stunden die Lichter im Grandhotel Panhans und im Sporthotel ausgingen, weil Stromrechnungen nicht beglichen worden waren. Da zum Firmenkonsortium der Panhans-Gruppe auch die Liftbetriebe gehören, drohte der Energieversorger EVN auch mit einer Abschaltung der Bergbahnen, wodurch eine Beschneiung unmöglich gewesen wäre. "Solche Schlagzeilen waren für unsere Bemühungen nicht gerade förderlich", ärgert sich Steiner und versichert: "Der Weltcup war dadurch nicht in Gefahr!" Spekulationen beendet. (Thomas Hirner, 26.12.2016)