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In Spanien sind private Mautautobahnen bankrott, weil sie infolge von Fehlplanungen kaum jemand nutzt.

Foto: Reuters / Eloy Alonso

Rentabel waren sie nie: Madrids "Radiales", die sternförmig verlaufenden Zubringerautobahnen wie beispielsweise die R-3 nach Arganda del Rey oder die R-5 nach Navalcarnero. Nur um Haaresbreite konnte die Schließung der privat betriebenen Autopistas im Oktober abgewendet werden.

Nun will das Infrastrukturministerium unter dem der Bauwirtschaft nahestehenden Neo-Minister Íñigo de la Serna (Partido Popular, PP) acht der neun hochgradig defizitären privaten Mautautobahnen mit Staatsgeldern retten. Er hofft, mit zwei Milliarden Euro auszukommen. Der Dachverband der Bauindustrie, Seopan, geht jedoch von knapp 5,5 Milliarden Euro aus. Die Summe entspräche damit jener, die Brüssel von Madrid im kommenden Jahr an zusätzlichen Sparmaßnahmen fordert.

Fast vier Milliarden Euro Schulden

Der Schuldenstand der Mautautobahnen betrug vor wenigen Monaten 3,7 Milliarden Euro. Einige der Betreibergesellschaften stehen auf der Liste der Steuerschuldner.

"Es gibt keine andere Lösung", erklärte der Infrastrukturminister jetzt lapidar. Von einer "Rettung" will de la Serna dabei nicht sprechen. Er halte sich lediglich an das Gesetz, sagt er und verspricht: "Am Ende werden wir alle davon profitieren."

Vor knapp zwei Dekaden war inmitten des Immobilienbooms der Autobahnbau "als unabdingbar" und "von höchstem öffentlichen Interesse" im spanischen Bundesgesetzblatt angepriesen worden. Auch im staatlichen Infrastrukturplan 2000 bis 2007 wurde die "große Bedeutung" betont, die die Errichtung der Autopistas für das Wirtschaftswachstum und die regionale Entwicklung haben werde.

Enteignete Landbesitzer

Allein für den Kauf des Baulands für die R-3 und R-5 waren 400 Millionen Euro veranschlagt worden. Doch das Höchstgericht sprach den enteigneten Landbesitzern das Sechsfache der Summe zu. Noch heute soll ihnen der Staat eine Milliarde Euro schulden, berichtet die Onlinezeitung El Independiente.

2007 platzte die Immobilienblase, Spanien geriet in eine tiefe Krise. Zu niemals bewohnten Vorstädten und benutzten Flughäfen führten nun Geisterautobahnen. Erreichte die Auslastung etwa auf der R-3 und R-5 schon davor nie die prognostizierte Zahl von täglich 70.000 zahlenden Fahrzeugen, fiel sie nun ins Bodenlose. Als Reaktion darauf hoben die privaten Betreiber die Mautgebühren an. Was noch mehr Autofahrer dazu bewegte, Gratisschnellstraßen zu wählen – die wie etwa die AP-41 nach Toledo gar in Sichtweite parallel zu den gebührenpflichtigen Autobahnen verlaufen.

"Missmanagement"

Das Gros der Betreiber sind Tochterunternehmen der Baugiganten Acciona, ACS, Abertis, Sacyr, der Ex-Alpine-Mutter FCC, Ferrovial, OHL oder Globalvía. Aber auch die um 24 Milliarden Euro gerettete Großbank Bankia ist an vielen Autobahnen beteiligt. Sofern sie die toxischen Kredite nicht schon längst an Geierfonds abgestoßen haben, stehen Geldinstitute wie die BBVA, Erste-Bank-Aktionär CaixaBank, Sabadell, Banco Santander oder Ibercaja auf den Gläubigerlisten.

Heftige Kritik kommt spät, aber doch von der Opposition. Der sozialistische PSOE, Unidos Podemos (Gemeinsam können wir) und selbst die rechtsliberalen Ciudadanos (Bürger) fordern in ungewohnter Einigkeit eine dringliche Erklärung zur Notverstaatlichung ein. Sie gehen von "Missmanagement und Fahrlässigkeit bei der Planung" aus. Und drängen auf "politische Konsequenzen".

Das Infrastrukturministerium stellt sich taub. Mehr noch, es zeigt sich lernresistent. So wird das 26-Seelen-Dorf Otero de Sanabria zwischen Ourense und Zamora im Nordwesten an das AVE-Hochgeschwindigkeitszugnetz angeschlossen. 4,2 Millionen Euro sind für den Bau des Ortsbahnhofs veranschlagt. (Jan Marot aus Granada, 28.12.2016)