Ich kann auf alles verzichten, sagte Oscar Wilde einmal, nur nicht auf Luxus. Aber was ist Luxus? Alles, was man nicht wirklich braucht. Die Nachweihnachtszeit macht diesen Umstand wieder einmal überdeutlich. Da häufen sich die Luxus-Weihnachtsgeschenke, die der Empfänger möglichst bald wieder loswerden will. Umtauschen. Weiterschenken. Im Fundus für nächstes Jahr verschwinden lassen. Eine Überfülle von überflüssigem Zeug, das dem Handel Umsätze einbrachte und den Internetbörsen einen saisonalen Boom.

Aber kann man, will man, ganz ohne Luxus leben? Ohne überflüssiges Zeug, nur mit dem, was man wirklich braucht? Einerseits gibt es den Trend, Konsumterror abzulehnen und miteinander zu vereinbaren: Wir haben alles, wir schenken einander heuer nichts. Oder nur wirklich Notwendiges. Zum Beispiel, wie geschehen, eine neue Dachrinne oder einen um teures Geld zu implantierenden neuen Zahn. Auch größere Kinder machen sich in zunehmendem Maße nicht mehr viel aus sorgfältig ausgesuchten Überraschungsgeschenken, sondern geben präzise an, welches elektronische Gerät es diesmal sein soll. Am besten, Großmama, ein Gutschein oder gleich ein Geldschein. Prosaisch, aber vernünftig.

Andererseits: Die Sehnsucht nach Luxus lebt nach wie vor. In Wien gibt es ein Geschäft für alte Handtaschen, vornehm Vintage-Taschen genannt, in dem ein Stück von Hermès oder Chanel durchschnittlich 40.000 Euro kostet. Das Teuerste, erklärte die Besitzerin im Radio, erzielte bei einer Auktion über 150.000 Euro.

Wie blöd können Frauen, beziehungsweise ihre Verehrer, sein, fragt sich der Zuhörer. In der Rubrik Luxus oder auch überflüssiges Zeug waren in dieser Weihnachtszeit der Fantasie keine Grenzen gesetzt, vom Rückenkratzer aus Elfenbein bis zum Zahnbürstenhalter aus Edelmetall. Unfug, sagt die Stimme der Vernunft.

Aber da ist auch die Stimme der Sehnsucht, die auf das Überflüssige, das Unerwartete, den kleinen Luxus trotz allem nicht verzichten will. Man will Päckchen sehen unter dem Christbaum. Man braucht den neuen Schal nicht, den Kriminalroman, das Kerzchen im Kerzenständer, man wird das alles vielleicht umgehend entsorgen – aber man freut sich dennoch und wäre heimlich enttäuscht gewesen, wenn die Umwelt den Vorsatz "Wir schenken uns nichts" wirklich ernst genommen hätte. Probleme der Privilegierten, könnte man meinen. Oder auch, wie die Juden sagen, seidene Zores.

Brauchen auch arme Leute Luxus? Ja. Was sie wirklich nötig hätten, wäre vermutlich eine Wohnung, ein Job, eine Waschmaschine. Was sie bekommen haben, war vielleicht ein Teller Vanillekipferln oder ein Kuscheltier für die Kinder. Überflüssig, aber trotzdem notwendig.

Gibt es das: notwendigen Luxus? Ja, das gibt es. Man kann auf vieles verzichten, aber nicht auf Luxus – das galt nicht nur für den verwöhnten Dandy Oscar Wilde, sondern es gilt auch für normale, vom Schicksal nicht verwöhnte Menschen. Zu Weihnachten haben wir das wieder erlebt. Wirkliches Elend heißt: ein Leben ganz ohne das kleinste bisschen Luxus. (Barbara Coudenhove-Kalergi, 28.12.2016)