Verärgert über Kerry-Rede: Israels Premier Benjamin Netanjahu am Mittwochabend.

Foto: APA / AFP / Gali Tibbon

John Kerry, Außenminister.

Foto: APA/AFP/Richards

Washington – Die Zweistaatenlösung ist nach den Worten des scheidenden US-Außenministers John Kerry der einzige Weg zu einem dauerhaften Frieden im Nahen Osten. Aus diesem Grund hätten die USA am vergangenen Freitag nicht gegen eine UN-Resolution gegen den israelischen Siedlungsbau in den Palästinensergebieten gestimmt, sagte Kerry am Mittwoch in Washington. Die USA hatten sich bei der Abstimmung der Stimme enthalten und damit den Beschluss der UN-Resolution ermöglicht. Sehr zum Ärger Israels.

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu kritisierte Kerrys Rede als "voreingenommen gegenüber Israel". Sein Land müsse sich nicht von einer ausländischen Regierung "über den Frieden belehren lassen".

US-Außenminister verteidigt die Position der USA: Die Zweistaatenlösung sei der Weg zu einem dauerhaften Frieden im Nahen Osten.
Business Insider

Ziel der USA sei es, "den Weg für die Zwei-Staaten-Lösung offenzuhalten", sagte Kerry. Die USA wünschten sich eine Zukunft Israels als "jüdischer und demokratischer Staat, der in Frieden und Sicherheit Seite an Seite mit seinen Nachbarn lebt". Derzeit sei die Zweistaatenlösung jedoch durch Israels Siedlungsaktivitäten in den besetzten Palästinensergebieten Westjordanland und Ostjerusalem "ernsthaft gefährdet". Eine Beibehaltung des Status quo würde einer "dauerhaften Besatzung" gleichkommen, warnte der US-Außenminister.

Warnung vor dauerhafter Besatzung

Jerusalem solle "Hauptstadt zweier Staaten" in den Grenzen vor dem Sechstagekrieg von 1967 sein, forderte Kerry. Dabei könne ein Austausch von Land im gegenseitigen Einvernehmen hilfreich sein. Schließlich müsse Israel als jüdischer Staat anerkannt werden.

Netanjahu wies Kerrys Forderungen zurück. Der US-Außenminister habe sich mehr als eine Stunde lang "besessen" mit dem israelischen Siedlungsbau in den Palästinensergebieten beschäftigt statt mit der eigentlichen "Wurzel des Konflikts – der Ablehnung eines jüdischen Staates in welchen Grenzen auch immer durch die Palästinenser".

Der israelische Ministerpräsident Netanjahu wies die Forderungen der USA nach einem Stopp der Siedlungstätigkeit zurück.
euronews (deutsch)

Der künftige US-Präsident Donald Trump warf dem scheidenden Amtsinhaber Barack Obama inzwischen in einer Twitterbotschaft eine verfehlte Israel-Politik vor. Mit der großen Freundschaft zwischen Israel und den USA sei es vorbei, schrieb der Republikaner. Der "Anfang vom Ende" sei der "fürchterliche Iran-Deal" über die Atompolitik gewesen, dem jetzt die Abstimmung im UN-Sicherheitsrat gefolgt sei. Trump rief Israel auf "stark zu bleiben". Der Tag seiner Amtseinführung am 20. Jänner sei nicht mehr fern.

Zustimmung und harsche Kritik

Die Beziehungen zwischen Israel und den USA sind nach der UN-Resolution gegen die Siedlungsaktivitäten angespannt. Der UN-Sicherheitsrat hatte am Freitag erstmals seit 1979 eine Resolution gegen den israelischen Siedlungsbau verabschiedet.

Möglich wurde das durch die Entscheidung der USA, nicht von ihrem Vetorecht Gebrauch zu machen, sondern sich zu enthalten. Alle 14 übrigen Sicherheitsratsmitglieder stimmten für die Resolution, die den sofortigen Stopp israelischer Siedlungsaktivitäten im Westjordanland und in Ost-Jerusalem fordert. Israel verurteilte das UN-Votum.

Abbas: Verhandlungen nach Stopp der Siedlungsaktivitäten

Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas erklärte sich am Mittwoch zu Verhandlungen mit Israel bereit, falls das Land seinen Siedlungsbau in den Palästinensergebieten einstellt. Sobald die israelische Regierung dem Stopp aller Siedlungsaktivitäten und der Umsetzung der gemeinsamen Vereinbarungen zustimme, stehe die palästinensische Führung zur Wiederaufnahme von Verhandlungen auf Grundlage des Völkerrechts und internationaler Resolutionen zur Verfügung, erklärte Abbas. Dabei müsse ein festgelegter Zeitrahmen gelten.

Vor der Kerry-Rede hatte Netanjahu eine Abstimmung über hunderte neue Siedlerwohnungen im palästinensischen Ost-Jerusalem verschieben lassen. Netanjahu wolle die Spannungen mit den USA nicht weiter anheizen, sagte ein Vertreter des Planungsausschusses von Jerusalem. (red, APA, 28.12.2016)