Genießt den philharmonischen Klang – Gustavo Dudamel.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Wien – Der philharmonische Vorstand erinnert sich ganz genau: "Als wir vor zwei Jahren telefonierten", so Andreas Großbauer, "und wir ihn fragten, ob er das Neujahrskonzert dirigieren möchte – also diesen Freudenschrei habe ich noch im Ohr ..." Ob es richtig war, einem so jungen Meister dieses heikle Walzerrepertoire zu überreden, dies zeige sich natürlich erst später, etwa bei den Proben, die nun laufen. Und Großbauer sieht jetzt aber, dass "es die richtige Entscheidung war", den sympathischen Wuschelkopf Gustavo Dudamel einzuladen.

Der Venezolaner, dessen Leben und Weltkarriere als energetisch starker Dirigent vom Ausbildungssystem El Sistema geprägt ist, schrie bei der Pressekonferenz zwar nicht vor Freude. Aber unzweifelhaft transportiert er so etwas wie Glücksseligkeit angesichts der Klänge, die er zu betreuen hat – offenbar speziell beim Donauwalzer. Wenn er, so Dudamel, das Orchester das Stück spielen höre, überkomme ihn, obwohl erst 35 Jahre alt, die seltene Empfindung, "in Frieden ins Paradies einziehen zu können – in Frieden sterben zu können".

Der Gentleman

Nun, Dudamels Verehrung geht auch bis in die Rollenverteilung beim Neujahrskonzert hinein, zu Großbauer meinte er recht uneitel: "Ich bin die Dame dieses Events, Ihr seid die eleganten Gentlemen, und ich folge euch." Zu hoffen ist allerdings, dass Dudamel abseits höflicher Floskeln auch musikalisch da und dort gestalterisch eingreifen wird. Immerhin sind er und die Philharmoniker keine Unbekannten.

Mittlerweile hat man gemeinsam 46 Konzerte gegeben und versteht sich hoffentlich so gut, dass auch Ideen des Dirigenten in das interpretatorische Geschehen einziehen können. Dudamel will jedenfalls auch ein bisschen das Salz in der Walzersuppe sein; Überraschungen mag er keine verraten, sonst "würde ich diese ja umbringen". Und Großbauer betont, dass bei diesem vom ORF in 93 Länder übertragenen Konzert "wahrscheinlich das rhythmische Element überwiegen wird" – wegen des Repertoires, das man zusammen gefunden habe.

Dudamel will dies allerdings nicht zu sehr betont wissen, witzelt, ein übler Salsatänzer zu sein. Walzer? Tja, er habe beim Philharmonikerball dirigiert und auch Walzer getanzt. Und mit ein bisschen Wein in den Adern gehe es besser, würde man lockerer. Wobei dies nicht bedeute, "dass wir vor dem Konzert trinken werden – wir tun es hinterher ..."

Die Höllenrufe

Im Programm jedenfalls gibt es sieben Erstaufführungen, "von der Orgel herunter wird Silberstaub ins Publikum geblasen werden", so Großbauer. Auch gebe es Zusammenhänge im Programm, wenn etwa auf Johann Strauß' Walzer Mephistos Höllenrufe seine Polka So ängstlich sind wir nicht! folge. "Das finden wir in dieser Zeit eine wichtige Botschaft", die sich auch in sozialen Symbolen ausdrücken solle. 100.000 Euro spenden die Philharmoniker zu drei Viertel an Licht ins Dunkel und zu einem Viertel an das Philharmonikerhaus für Asylsuchende in St. Aegyd.

Auch sich selbst beschenkt das Orchester, das 175. Geburtstag feiert: Es wird erstmals in einem neuen Konzertoutfit zu sehen sein, das von Vivienne Westwood und Andreas Kronthaler entworfen wurde. Dieser "Philharmonic Suit" sei "eine Evolution, keine Revolution", so Großbauer Befürchtungen beruhigend.

ORF 2 und Ö1 übertragen am 1. 1. 2017 ab 11.15 Uhr aus dem Goldenen Saal.

Das Programm im Detail

  • Franz Lehar Nechledil Marsch aus der Operette "Wiener Frauen"
  • Emile Waldteufel "Les Patineurs". Walzer, op. 183
  • Johann Strauß (Sohn) "'S gibt nur a Kaiserstadt, 's gibt nur a Wien", Polka, op. 291
  • Josef Strauß "Winterlust", Polka schnell, op. 121
  • Johann Strauß (Sohn) "Mephistos Höllenrufe", Walzer, op. 101
  • Johann Strauß (Sohn) "So ängstlich sind wir nicht!" Polka schnell, op. 413

Nach der Pause:

  • Franz von Suppé Ouvertüre zur Operette "Pique Dame"
  • Carl M. Ziehrer "Hereinspaziert!" Walzer aus der Operette "Der Schätzmeister", op. 518
  • Otto Nicolai "Mondaufgang" aus der Oper "Die lustigen Weiber von Windsor" Chor: Wiener Singverein, Künstlerische Leitung: Johannes Prinz
  • Johann Strauß (Sohn) "Pepita-Polka", op. 138
  • Johann Strauß (Sohn) "Rotunde-Quadrille", op. 360
  • Johann Strauß (Sohn) "Die Extravaganten", Walzer, op. 205
  • Johann Strauß (Vater) "Indianer-Galopp", op. 111
  • Josef Strauß "Die Nasswalderin", Polka mazur, op. 267 [Arrangement Wolfgang Dörner]
  • Johann Strauß (Sohn) "Auf zum Tanze!" Polka schnell, op. 436
  • Johann Strauß (Sohn) "Tausend und eine Nacht", Walzer nach Motiven der Operette "Indigo", op. 346
  • Johann Strauß (Sohn) "Tik-Tak", Polka schnell, op. 365.

(Ljubisa Tosic, APA, 29.12.2016)