Arabische Beschriftung für Touristen aus arabischen Ländern in Zell am See. Hier sind Sprache und ihre Sprecher offensichtlich willkommen.

Foto: Rechte: Robert Newald/Robert Newald Photo

Dieser Tage kursiert ein herzerwärmendes Video durch soziale Netzwerke: Ein muslimischer Frauenchor im libanesischen Beirut singt Weihnachtslieder in einer Kirche. In ihrem Gesang wird klar "Allah" gepriesen. Noch ein Video von marokkanischen Juden wird momentan gern geteilt: Auf einem Fest singen sie lautstark "Allahu akbar". Gleichzeitig titelt ein einheimisches Boulevardblatt: "Terror im Columbus-Center: 'Allah, ihr werdet sterben'", eine Lehrerin in Wels gerät unter Druck, weil sie das Wort "Gott" durch "Allah" für muslimische Schüler ersetzt.

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Der Ausdruck "Allahu akbar" (Arabisch: "Gott ist groß") hat mittlerweile in vielen Köpfen die Signalwirkung eines Terrorakts. Dabei ist "Allah" kein exklusiv muslimischer Ausdruck, sondern lediglich das arabische Wort für Gott, egal ob es von Muslimen, Christen oder Juden verwendet wird. Etymologisch wurde es auch vor dem Aufkommen des Islam verwendet, es ist ein semitisches Wort, das etwa mit dem hebräischen "אלהים" ("elōhîm") oder dem aramäischen "Alaha" verwandt ist.

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Missbrauch der Sprache

Der Missbrauch der islamischen Lehre und der arabischen Sprache durch die radikale islamistische Ideologie ist ein Faktum. Dass das Image einer Sprache unter diese Missbrauche leiden kann, auch. Ähnliche Tendenzen konnte man etwa während des Nationalsozialismus in Nazideutschland beobachten: Als Folge lehnten bekanntlich viele deutschsprachige Juden nach dem Holocaust bewusst ab, ihre Muttersprache weiterhin zu verwenden, das Image des Deutschen litt jahrzehntelang nach dem Zweiten Weltkrieg.

Droht nun auch dem Arabischen, zu einer verhassten "Terroristensprache" erklärt zu werden? Beinahe 300 Millionen Menschen auf der Welt sprechen Arabisch als Muttersprache, für weitere fast 250 Millionen Menschen ist sie die Zweitsprache. Arabisch hat in 28 Ländern der Welt den Status einer Amtssprache, zudem ist es neben Englisch, Französisch, Spanisch, Chinesisch und Russisch eine der sechs offiziellen Uno-Sprachen.

Von Admiral und Zucker

Darf Arabisch also zur Geisel radikaler islamistischen Ideologien und einer zunehmenden Islamophobie werden? Die Sprache als Phänomen übersteigt ideologische, religiöse und nationale Grenzen. Obwohl Arabisch heutzutage vor allem mit der islamischen Welt assoziiert wird, fungierte sie in der Geschichte als wichtige Gelehrtensprache. Aus dieser Zeit kamen in viele europäische Sprachen – darunter auch ins Deutsche – allgemein bekannte Internationalismen wie "Admiral", "Alkohol", "Giraffe", "makaber", "Rabatt" oder "Zucker". Als Vermittlersprachen dienten vor allem Italienisch, Französisch und Spanisch. In Balkansprachen kamen Arabismen vor allem durch das Osmanisch-Türkische.

"So Gott will"

Mittlerweile ist die arabische Herkunft von "Admiral" oder "Zucker" im Bewusstsein der meisten Deutschsprachigen verblasst. Islamische Religionsbegriffe wie "Jihad", "Scharia" oder "Sure" dominieren aktuell die zum Teil sehr kritische Wahrnehmung der arabischen Sprache. Nichtsdestotrotz verbreiten sich mittlerweile einige arabischsprachige Begriffe mit ausdrücklich positiver Konnotation auf westliche Sprachen. So schreibt kürzlich das renommierte US-amerikanische Magazin Foreign Policy über den Aufstieg des Ausdrucks "Inshallah" im Englischen nach 2001. Trotz steigender Islamophobie verzeichnet dieser Ausdruck (zu Deutsch "So Gott will") eine regelrechte Blüte in intellektuellen Hipsterkreisen in den USA. Auch im Deutschen ist der Ausdruck "Inschallah" nicht unbekannt.

Hinter dem Ausdruck steckt das mentale Konzept einer hoffnungsvollen Erwartung von Dingen und Geschehnissen, auf die wir keinen Einfluss nehmen können. Ein ähnlicher und ebenso positiv konnotierter Begriff ist "Kismet", der den Glauben an eine schicksalshafte Fügung zum Ausdruck bringt. Sowohl "Inschallah" als auch "Kismet" können zweifelsohne islamisch gedeutet werden: Allahs Vorherbestimmung ist einer der Grundsätze des islamischen Religionslehre. Jedoch konnten sich diese Begriffe aufgrund ihrer universellen Botschaft trotz religiöser, politischer und kultureller Barrieren auf andere Sprachen verbreiten und dort zu einem festen Bestandteil des Lexikons werden: Ein gutes Beispiel dafür ist das Spanische, in dem "Inshallah" bereits 1495 in einem Wörterbuch verzeichnet wurde: Das spanische "ojalá" bedeutet nämlich "hoffentlich". Der ähnliche Ausdruck "oxalá" existiert auch im Portugiesischen. (Nedad Memić, 30.12.2016)