Berlin – Der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) hat die Arbeit der Sicherheitsbehörden im Fall des mutmaßlichen Berlin-Attentäters Anis Amri gegen wachsende Kritik verteidigt. "Ich wehre mich gegen vorschnelle Schuldzuweisungen und Urteile von selbsternannten Experten, die hinterher immer alles genau wissen", sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Die Sicherheitsbehörden in Deutschland machten "grundsätzlich sehr gute Arbeit" und hätten schon einige Anschläge verhindert. Zugleich sagte de Maiziere eine gründliche Prüfung möglicher Pannen mit Blick auf Amri zu. Der gesamte Handlungsablauf werde eingehend daraufhin untersucht, "ob an irgendeiner Stelle Fehler passiert sind oder ob es an gesetzlichen Regelungen gefehlt hat", sagte der Minister. "Das betrifft nicht nur die Sicherheitsbehörden, sondern auch beispielsweise die Ausländerbehörden und die Justiz."

Bessere Observation

De Maiziere machte bereits erste Verbesserungsvorschläge. "Was den Umgang mit Gefährdern anbetrifft, so ist dies nach geltendem Recht vor allem durch die Landesgesetzgeber zu regeln", sagte er. "Sicher muss die Abstimmung unter den Ländern etwa bei der Verantwortung für die Observation besser werden."

Darüber hinaus sei die von ihm vorgeschlagene Abschiebehaft für ausreisepflichtige Ausländer, von denen eine Gefahr ausgehe, "dringend nötig", sagte de Maiziere. Der Minister wies auch darauf hin, dass Amri in einer Aufnahmeeinrichtung verblieben wäre, wenn Tunesien als sicheres Herkunftsland gelte.

Zum Vorwurf, der Anschlag hätte verhindert werden können, sagte der Minister: "Das sagt sich leicht hinterher. Aber eben das ist Gegenstand der laufenden Aufarbeitung. Wo erforderlich, werden dann auch Dinge verändert."

Auch französischer Premier verteidigt Behörden

Auch der französische Premierminister Bernard Cazeneuve hat Kritik an den Behörden zurückgewiesen. Amri konnte nach seinem Anschlag in Berlin durch Frankreich fliehen. "Jede einreisende Person zu kontrollieren ist völlig unmöglich", sagte der Sozialist in einem Interview der Sonntagszeitung "Le Journal du Dimanche".

"Können Sie sich vorstellen, wie die Situation an den Grenzen wäre, wenn man jedes Fahrzeug kontrollieren müsste?", fragte Cazeneuve. "Das würde Europa, seine Verkehrsinfrastrukturen und seine wirtschaftlichen Aktivitäten lahmlegen."

Frankreich habe seit dem 13. November 2015, dem Tag der Pariser Anschläge, 81 Millionen Reisende an den Grenzen kontrolliert und 60.000 Menschen die Einreise verweigert. In dem Land gilt nach einer Serie schwerer islamistischer Anschläge der Ausnahmezustand.

Der Sozialist warf seinen Gegnern eine Instrumentalisierung des Themas zu Wahlkampfzwecken vor und verwies auf die Ermittlungen. "Derzeit wissen wir nicht genau, welchen Weg der Terrorist genommen hat und welche Mittel er dazu benutzt hat", sagte er.

12 Tote

Laut bisherigem Ermittlungsstand war Amri nach dem Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt über die Niederlande und Frankreich nach Italien geflohen, wo die Polizei ihn erschoss. Französische Konservative und die rechtsextreme Partei Front National hatten kritisiert, dass Amri trotz internationaler Fahndung unbehelligt durch das Land reisen konnte.

Der 24-jährige Tunesier Amri soll bei dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche am 19. Dezember zwölf Menschen getötet haben. Nach einer mehrtägigen Flucht wurde er in der Nacht zum 23. Dezember bei einer Polizeikontrolle in Italien erschossen. (APA, 31.12.2016)