Salzburg – Robert Frank ist einer der wichtigsten Fotografen der Gegenwart. Sein Fotobuch "The Americans" versammelt Straßenszenen und Zufallsporträts, die der gebürtige Schweizer auf seinen ausgedehnten Reisen quer durch den Kontinent auf Film bannte und welche die die Fotografiegeschichte revolutionierten.
Im Salzburger Rupertinum bilden diese Bilder einen zentralen Teil der Ausstellung "Robert Frank: Books and Films, 1947–2016", in der das Lebenswerk des heute 92-Jährigen präsentiert wird. 1947 hatte Frank die Schweiz verlassen, wo er schon sechs Jahre lang fotografische Erfahrungen gesammelt hatte. Erste Reisen führten den Mann mit der Leica-Kamera nach Peru sowie nach London und Wales. Die Arbeiten funktionierten schon damals nach einem von Franks Grundprinzipien: Fotografien so zu präsentieren, dass sie miteinander korrespondieren oder für scharfe Kontraste sorgen.
Keine Textkommentare
Während er in London im Börsenviertel die Reichen ablichtete, zeigen die Bilder aus Wales hart malochende Minenarbeiter. Konsequenterweise verweigerte sich Frank jeglichen Textkommentaren. Stattdessen suchte er nach neuen Stilmitteln, die die Fotoästhetik für immer verändern sollten. Mehr als 27.000 Bilder schoss er während seiner Reisen durch die USA, schnell aus der Hüfte oder durch die Scheiben des Autofensters. Dabei ignorierte er traditionelle Kompositionsprinzipien des Bildaufbaus, indem schon einmal Köpfe abgeschnitten wurden. Unschärfen beim Einfangen der flüchtigen Momente ließ er ebenso zu.
Mit den 83 Schnappschüssen, die Frank aus seinem riesigen Fundus für den erstmals 1958 in Paris veröffentlichen Band "The Americans" auswählte, hat er die Ikonen des modernen Amerika nicht ohne Romantik und Melancholie eingefangen: Tankstellen, Jukeboxes, Highways, Coffeeshops, Rodeos oder Fließbandarbeiter, die von der Kehrseite des amerikanischen Traums erzählen. Die meisten Kritiker ließen kein gutes Haar an dem Buch, auch dass Jack Kerouac das Vorwort verfasste, half nichts. Mit der Beat-Generation und ihrer Vorliebe für Spontaneität und Improvisation verband Frank sehr viel, speziell mit Kerouac, zu dessen Klassiker "On The Road The Americans" ein visuelles Pendant darstellt.
Beat-Generation
Erst nach der Neuauflage 1968 galt Franks Fotobuch als ein visionäres Werk, er selbst hatte sich aber von der Fotografie – vorübergehend – verabschiedet, um bewegte Bilder zu produzieren. Seinen ersten Film realisierte er 1958/59 gemeinsam mit Alfred Leslie und den Beat-Kumpels in New York: "Pull My Daisy" entstand nach einem nie aufgeführten Kerouac-Theaterstück und ist eine Nonsensgroteske aus dem Underground-Künstlermilieu mit Allen Ginsberg (der im Nachspann Alan Ginsberg heißt), Peter Orlovsky, Gregory Corso, Larry Rivers und Delphine Seyrig.
Insgesamt sind im improvisierten "Kinoraum" des Rupertinums 15 von Robert Franks insgesamt 25 Filmen in digital restaurierten Fassungen zu sehen. Anfang der 1970er-Jahre landete Frank dann bei den Rolling Stones. Zu deren Album "Exile On Main Street" gestaltete er das Cover, die Einzelbilder dafür stammen von Super-8-Filmmaterial, das die englische Band 1971 bei einem Spaziergang in der New Yorker Bowery zeigt.
Im Jahr darauf begleitete Frank die Stones auf der Nordamerikatour, der daraus resultierende Film "Cocksucker Blues" wurde aber nur sehr selten aufgeführt – und wenn, dann in einer "gereinigten" Fassung, denn die Combo empfand die dokumentierten Exzesse als potenziell rufschädigend.
In Salzburg fehlt er leider ebenso wie Franks Roadmovie "Candy Mountain" (1987), das zwischen seiner kanadischen Heimat in Nova Scotia und New York angesiedelt ist. (Gerhard Dorfi, 2.1.2017)