
Die Schilder der SPÖ Simmering am 1. Mai 2016 seien von der Basis zwar getragen – von vielen aber nicht mitgetragen worden.
Wien – In der Wiener SPÖ rumort es weiter. Kritik wird im neuen Konflikt aber nicht an der Stadtregierung laut, sondern an der Bezirksführung: In Simmering stellt sich eine ganze Sektion gegen den roten Bezirksvorsitzenden Harald Troch. Der hatte im vergangenen November die Simmeringer Genossen noch als Kritiker der Parteispitze und insbesondere am sogenannten "linken Flügel" der SPÖ rund um Sozialstadträtin Sonja Wehsely und Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger inszeniert.
Dies sei in dem schon länger im elften Bezirk brodelten Streit nur die Spitze gewesen, sagt Gerhard Raub von der Sektion 12 in der SPÖ Simmering. Der Sektionsvorsitzende und seine elf Mitarbeiter haben daher alle ihre Funktionen niedergelegt. Troch habe mit seinem Angriff auf die Stadtregierung gegen die Partei gearbeitet und agiere so "als Wahlmann der FPÖ", sagte Raub zum STANDARD. In Simmering würde nicht mehr diskutiert werden, seit Troch an der Spitze stehe. Dass sein Bezirk sich gegen die Wiener Gesundheitspolitik auflehne, habe Raub erst aus den Medien erfahren.
Rot-blauer Farbwechsel
Auch das Verhalten der Bezirksleitung am 1. Mai stößt Raub noch immer sauer auf. "Die Faymann-Plakate hatten dort nichts zu suchen." Schilder mit dem Spruch "Werner, der Kurs stimmt" zierten im Frühjahr den Zug der Simmeringer – seien aber aufgezwungen gewesen. Auch dass der traditionell rote Arbeiterbezirk nach den Gemeinderatswahlen blau gefärbt wurde, sei von Troch mitverschuldet. Er habe sich in puncto Asylpolitik nicht an die Strategie der Wiener Partei gehalten, sondern weiter der FPÖ angenähert. "Wien ist Gott sei Dank rot geblieben. Simmering ist es nicht."
Dass die Bezirksspitze in ihrer Grundhaltung so nah an die Blauen gerutscht ist, sei für Raub und seine Mitarbeiter nicht mehr in Ordnung gewesen. "Wir bleiben SPÖ-Mitglieder, tragen aber nicht mehr die Politik von Simmering mit."
Kritiker ausgetauscht
Aber nicht nur inhaltliche Reibereien soll es gegeben haben. Bei seiner ersten Kandidatur im Jahr 2007 gewann Troch nur knapp gegen Christine Lapp den Bezirksvorsitz. Seitdem habe es immer "Diskrepanzen" gegeben, sagt ein Mitglied der Sektion 15 in Simmering, die auch zu einer der "intensiveren Oppositionssektionen" zu zählen sei. Troch habe versucht, seine Stellung in der Bezirkspartei dadurch zu festigen, indem er Leute ausgetauscht habe, die ihm kritisch gegenüber stünden: "Seine Konfliktlösung heißt, Leute loszuwerden."
Ähnliches bestätigt Raub. Dieser habe "als böser Mann an der Spitze" mit Genossen aus allen 21 Sektionen zwei Jahre vor der Gemeinderatswahl eine Liste gegen Troch für die Bezirksparteiführung eingereicht. "Sie wurde nicht einmal zur Abstimmung zugelassen", sagt Raub. Seither sei die Sektion 12 nicht einmal mehr auf dem Landesparteitag vertreten. "Dabei hat Simmering 50 Delegierte. Die Kritiker wurden hinausgedrängt."
Troch selbst war am Dienstag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. (Oona Kroisleitner, 3.1.2017)