Am 10. April wurde der zwei Wochen zuvor auf dem Achensee zerschellte Helikopter des Typs EC-135 geborgen. Die Unfallursache bleibt auch nach nahezu sechs Jahren im Dunkeln.

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Wien – Die Untersuchungen "haben keine technischen Mängel am Fluggerät erhellt. Andere möglicherweise unfallkausale Aspekte", heißt es in stereotypem Amtsdeutsch weiter, "wurden von der Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes keiner abschließenden Beurteilung zugeführt." Das Verkehrsministerium hält es also für möglich, dass Materialprobleme schuld am Absturz eines Polizeihubschraubers in den Achensee am 30. März 2011 waren. Das muss aber nicht sein, denn gefunden habe man nichts. Im Umkehrschluss wäre auch jeder nichttechnische Grund denkbar.

Neos-Abgeordneter Rainer Hable wollte per parlamentarischer Anfrage Details über die Ungereimtheiten rund um das Unglück im Tiroler Bezirk Schwaz vor fast sechs Jahren wissen. Dass sich Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) in der am Montag veröffentlichten Beantwortung bedeckt hält, lässt sich in gewisser Weise nicht verhindern: Denn während jeder Zwischenfall im zivilen Luftfahrtbetrieb laut Unfalluntersuchungsgesetz und EU-Verordnung von der Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes (SUB) detailliert geprüft werden muss, "sind Unfälle von Luftfahrzeugen, die im Polizeidienst verwendet werden, von diesen Bestimmungen ausgenommen".

Epilepsie, Vögel und "glassy water"

Einen Endbericht über den Unfall, bei dem der Pilot, zwei österreichische Polizisten und ein Schweizer Exekutivbeamter ums Leben kamen, gibt es demnach nicht – zumindest nicht öffentlich. Immerhin wurde die Zusammenfassung eines Berichtsentwurfs dem Innenministerium ein Jahr danach zur Verfügung gestellt. Daraus ergab sich, dass Beamte der SUB gemeinsam mit externen Fachleuten "im Wege der Amtshilfe" technische Untersuchungen geleistet haben. Deren Ergebnis, wie erwähnt: kein Hinweis auf unfallkausale technische Mängel.

Auf die von Hable aus dem Zwischenbericht zitierten möglichen Unfallursachen abseits der Technik geht Leichtfried nicht ein. Der Pilot könnte die Flughöhe durch "glassy water" – eine optische Täuschung auf der Wasseroberfläche – falsch eingeschätzt haben, heißt es etwa; womöglich habe auch die geringe Flughöhe, die allein noch nicht fatal gewesen wäre, in Kombination mit zu hoher Geschwindigkeit zur Kollision geführt. Diese offiziell kolportierten Thesen stehen jedoch in Widerspruch zu jenen Annahmen, die Werner Senn, der Leiter der Flugpolizei, bereits 2012 informell über Medien tätigte.

Senn sprach von einem möglichen Vogelschlag oder von Sonnenreflexionen, die einen epileptischen Anfall beim Piloten ausgelöst haben könnten. Laut Zwischenbericht wurden aber weder Vogelkadaver noch Federn gefunden, und gegen die Epilepsiethese spreche, dass der Pilot den Hubschrauber vor dem Unfall zehn Sekunden lang in "kontrollierter Fluglage" gehalten und bis zuletzt "korrigierend eingegriffen" habe. "Ich weiß nicht, welche Kräfte da am Werk waren", sagte Senn über den Zwischenbericht zur "Tiroler Tageszeitung". Wie man die Widersprüche zu "medial kommunizierten Unfallursachen" bewerten könne, sei "nicht Gegenstand der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage", schreibt Leichtfried nun.

Absturzursache im Dunkeln

Wegen "des Schutzes personenbezogener Daten" lässt der Verkehrsminister auch die Frage nach der Zusammensetzung des Untersuchungsteams unbeantwortet – und sagt nur, dass es generell möglich sei, "je nach Lage des Falles" Metallurgen, Ziviltechniker oder Mediziner zu engagieren.

So bleibt der Absturzgrund bis heute im Dunkeln. Und die Gerüchte abseits der Ursache wuchern weiter: Ob der Hubschrauber, wie von einer Quelle im "Kurier" behauptet, tatsächlich laufend als "fliegendes Hüttentaxi" im Einsatz war; ob der Schweizer Insasse wirklich wegen des World Economic Forum in Davos an Bord war – obschon dieses bereits im Jänner stattfand; und warum die Obduktion des Piloten schon am Tag danach abgeschlossen war, obwohl toxikologische Gutachten in der Regel Wochen dauern. (Michael Matzenberger, 3.1.2017)