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Frauen fahren eher kleinere Autos als Männer. Erlauben es die Finanzen, darf es gerne auch ein bisschen größer sein.
STANDARD: In Wien eröffnet E-Auto-Bauer Tesla in der Innenstadt seinen Flagshipstore. Autohäuser in den Citys sind eher rar. Gibt es gute Gründe für diese Variante?
Kortus-Schultes: Wir haben hier in Düsseldorf einen solchen Flagshipstore, in der feinsten Einkaufsmeile in unmittelbarer Nähe zum Apple-Store. Tesla wartet nicht, dass die Leute kommen, sondern geht zu den Leuten hin.
STANDARD: Ist sonst noch etwas anders als in einem Traditionshaus?
Kortus-Schultes: Sie haben verstanden, dass Auto ein Lifestyle-Thema ist. Die Modelle sind aber so teuer, dass sich das nur eine Minderheit leisten wird. Aber sie machen noch etwas anders. Sie haben kein supergeschultes Autoverkäuferpersonal, das technische Daten runterrattern kann. Sie sind viel näher an der Lebenswelt der Kunden. Ich erkundigte mich nach einer Reichweite. Der junge Mann, der mich beriet, konnte das nicht beantworten. Aber kurz danach hatte ich die Info auf meinem Smartphone.
STANDARD: Spricht das eher Männer oder Frauen an?
Kortus-Schultes: Das wird sich zeigen. Männer bereiten sich in aller Regel sehr viel systematischer und vor allem länger auf den Autokauf vor als Frauen. Ein halbes Jahr vor dem Kauf haben sie entschieden, welche drei Modelle infrage kommen. Im Autohaus tauschen sie dann mit dem Verkaufspersonal auf Augenhöhe technische Daten aus. Männer wollen dort einen guten Deal machen. Einen Satz Winterreifen rausholen, zweistellige Rabattprozente oder kostenlose Fußmatten. Das muss sein.
STANDARD: Und wofür interessieren sich dann Frauen, wenn sie in ein Autohaus gehen?
Kortus-Schultes: Die argumentieren aus ihrer Lebenswelt heraus. Wie viele Kindersitze kann man gut befestigen, wie im Kofferraum Ladegut fixieren? Wie hoch ist die Sitzhöhe – meine Schwiegermutter hat ein wehes Knie? So etwas würde einen Mann nicht ernsthaft beschäftigen. Mittlerweile sind die Verkäufer in der Regel darauf geschult, dass sie Frauen anders abholen.
STANDARD: Die Gender-Thematik ist also auch an der Autobranche nicht spurlos vorübergegangen?
Kortus-Schultes: Nein. Wenn man auf die Halterzahlen schaut, gehört jedes dritte Auto in Privatbesitz einer Frau. Natürlich haben wir mehr Fahrerinnen. Frauen fahren aber im Schnitt kleinere Autos als Männer, weil sie auch durchschnittlich eine niedrigere Jahreskilometerleistung haben. Die Marge oder Prämie für den Verkäufer ist also höher, wenn er einem Mann ein Auto verkauft.
STANDARD: Aber Frauen fahren auch besonders gern SUVs.
Kortus-Schultes: Das ist eine herrliche Paradoxie. Ich spreche seit Jahren darüber, dass wir ökologischere Autos brauchen, mit niedrigem Verbrauch und niedrigem CO2-Ausstoß. Und wo sind die größten Zuwachsraten? Bei den SUVs. Ungebrochen. In der ganzen westlichen Welt. Der Großteil wird nach wie vor von Männern gekauft. Etwas mehr als ein Drittel sind Halterinnen. Frauen fahren SUVs also sehr gern. Aber aus anderen Gründen als Männer. Sie sagen nicht, ich brauche in der Stadt Allradantrieb. Da lachen ja die Hühner. Frauen sagen: Endlich habe ich einmal Überblick über die Straße. Und dann überzeugt der Komfort, das Platzangebot, die Annehmlichkeit, gut verstauen zu können, gut zu sitzen.
STANDARD: Komfort schlägt Nachhaltigkeit?
Kortus-Schultes: Wenn die finanziellen Möglichkeiten da sind. Deswegen wurden auch die kompakten SUVs erfunden.
STANDARD: Wir haben derzeit sehr viel Bewegung in Sachen Antriebe. Interessiert es Frauen, ob ein Fahrzeug hybrid oder e-mobil ist?
Kortus-Schultes: Das ist eine Frage des Geldes. Die batteriebetriebenen Fahrzeuge sind im Schnitt um 10.000 Euro teurer als vergleichbare mit Verbrennungsmotor. Dieser Mehrpreis ist für Frauen sehr viel. Der Druck, etwas für die Umwelt und gegen die Feinstaubbelastung zu tun, wird stärker aus China kommen. Die deutschen Hersteller haben sich ja in Sachen Ladestationen zusammengeschlossen. Aber nicht, um die Frauen froh zu machen, sondern um den chinesischen Markt zu bedienen. (Regina Bruckner, 4.1.2017)