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Marine Le Pen schafft es – zumindest in finanzieller Hinsicht – nicht, sich aus der Umklammerung ihres Vaters zu lösen (Foto 2014).

Foto: Reuters / Robert Pratta

Um ihre Chancen zu steigern, brach Marine Le Pen (48) vor zwei Jahren mit ihrem Vater Jean-Marie Le Pen (88) und warf ihn aus dem Front National (FN), den er 40 Jahre zuvor gegründet hatte. Parteilogo und Nachnamen entfernte sie von den Plakaten. "Marine" tritt für ein "befriedetes Frankreich" ein; das ziemliche Gegenteil der wüsten Tiraden ihres Vaters, der mehrfach wegen rassistischer Sprüche verurteilt wurde.

Marine Le Pen erntet nun die ersten Früchte ihrer Mäßigung: Für den ersten Durchgang der Präsidentschaftswahlen im Mai werden ihr 30 Prozent zugetraut – was den Spitzenplatz bedeuten würde.

Zurück an Papas Futtertrog

Doch schon endet der Ausflug der Tochter in die Eigenständigkeit. Am Dienstag musste sie zugeben, dass sie wieder an Papas Futtertrog hängt: Zur Deckung ihrer Wahlkampfausgaben muss sie bei Jean-Marie Le Pen einen Kredit über sechs Millionen Euro aufnehmen. Eifrig schimpfte sie über die französischen Banken, die ihr kein Geld leihen wollten: Sie habe bei ihnen allen angefragt, aber von allen eine Absage erhalten.

Auf Nachfrage musste Le Pen, die für einen "ökonomischen Patriotismus" und das Prinzip "Made in France" eintritt, einräumen, dass sie auch bei "englischen, amerikanischen und russischen Banken" angefragt habe. Doch hatte sie nicht schon 2014 von der First Czech-Russian Bank Geld erhalten? Freimütig gestand Le Pen, dass dieses einem Bekannten des russischen Präsidenten Wladimir Putin gehörende Geldinstitut heute pleite sei.

Überall Geldmangel

In ihrem bekannten Bemühen, sich stets als Opfer des "Systems" zu präsentieren, warf sie den französischen Banken vor, ihre Weigerung sei ein "politischer Akt". Doch die Masche zieht nicht: Die Finanzchefs anderer Großparteien erklärten, sie hätten ebenfalls Mühe, an Kredite zu kommen.

Marine Le Pen genießt immerhin noch das väterliche Vertrauen – genauer gesagt: das der FN-Ablegerorganisation Cotelec, deren Finanzen Jean-Marie Le Pen weiterhin überwacht, obwohl der Senior aus den Parteigremien geworfen wurde. Cotelec ist so etwas wie die "Hausbank" des FN. Dass der steinreiche Parteigründer die Kontrolle behielt, bestätigt seinen Ruf als Geldexperte: Seine eigene Politkarriere wie auch sein persönlicher Reichtum beruhen auf einer leicht mysteriösen Millionenerbschaft, die ihm ein vereinsamter Frontist im Jahre 1976 hinterließ.

Kleine Rache des Vaters

Jetzt behauptet Marine Le Pen, Cotelec horte "nicht das Geld von Jean-Marie Le Pen, sondern der Partei". Die Kreditzusage in unbekannter Zinshöhe gab einzig ihr Vater. Und der freut sich jetzt bestimmt über die kleine Rache an seiner Tochter, die ihn um sein politisches Lebenswerk gebracht hat und zu guter Letzt doch wieder bei Papa anklopfen muss, um ihre Träume verwirklichen zu können – und eine angeblich unabhängige Staatspräsidentin zu werden. (Stefan Brändle, 4.1.2017)