Wolfram Koch (Paul Brix) und Warsama Guled (John Aliou) im Frankfurter "Tatort".

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Die gute Nachricht zum aktuellen "Tatort" aus Frankfurt ist: Einer der Stars darin ist Ernst Jandl. Der neue Chef von Anna Janneke und Paul Brix zeigt nämlich die schöne Angewohnheit, unvermittelt und stets zur großen Verblüffung aller dessen experimentelle Lyrik vorzutragen.

Was absurd klingt, ist dennoch gut verankert. Immerhin hat hier nämlich auch das Böse seine Lieder: nationalistische Chorstücke von ebenjenem Pathos, dem Jandls sprachverspielter Avantgardismus aufs Drastischste opponiert.

Land in dieser Zeit – das "kein schöner" hat man dem Volkslied weggenommen – heißt denn auch jener Fall, der mit Flüchtlingskrise und Rechtsradikalismus brisante Themen aufgreift. Am Anfang steht ein Brandanschlag auf einen Frisiersalon, als dessen Hauptverdächtiger bald ein Drogendealer dunkler Hautfarbe gilt.

"Lieder" hat dieser aber allenfalls im deutsch-französischen Kauderwelsch, das er mit Brix spricht. Janneke indes forscht weiter, um alsbald in die rechte Szene vorzustoßen, die hier zwei Gesichter hat. Neben den Recken, die sich im Kellerlokal harter Musik hingeben, gibt es nämlich auch solche, die im Stillen Gehirne vergiften.

Dass es Rechtsradikalismus auch in intellektuell gibt, das kann man gut und gerne wieder einmal zeigen. Leider bleibt's – und dies ist die schlechte Nachricht – beim Hinweis auch fast schon. So viele heiße Eisen angesprochen werden – die Pressepolitik der Polizei in der Flüchtlingskrise eingeschlossen -, so schal bleiben Analyse und Figurenzeichnung. Das ist umso irritierender, als dieser "Tatort" erstaunlich früh nichts mehr mit seiner Zeit anzufangen weiß und nur noch Offensichtliches in die Länge zieht. Schade um das zeitgemäße Thema. (Roman Gerold, 7.1.2017)