Gute Beziehungen zu Russland könnten nicht schaden, ließ Donald Trump am Wochenende verlauten. Das ist zweifellos richtig. Angesichts der Nachrichten über die Beeinflussung der Präsidentschaftswahlen durch russische Hacker mutet diese Einlassung allerdings an wie eine grotesk verzerrte Lagebeurteilung eines ebenso grotesk deplatzierten Mannes im US-Präsidentenamt.

Die amerikanischen Dienste behaupten in einem öffentlich zugänglichen Dossier, dass Putin die Chancen Trumps, ins Weiße Haus zu gelangen, erhöhen wollte, indem er jene Hillary Clintons durch geleakte interne Informationen schmälerte. Ein schwerwiegender Vorwurf – und die kleinlaute Reaktion des sonst so skeptischen designierten Präsidenten legt nahe, dass die Beweisführung im gesperrten Teil des Berichts (datenforensische Analysen zur Lokalisierung der Hacker; Abhörprotokolle russischer Akteure; Daten aus russischen Rechnern) tatsächlich wasserdicht ist.

Daraus erwachsen mindestens zwei Konsequenzen:

Erstens wird die ohnehin vielfach bezweifelte Legitimität Trumps als Präsident dadurch weiter beschädigt. Er ist ins Amt gelangt, indem er zwar die dafür notwendigen Wahlmänner, aber nicht die Mehrheit der Bevölkerung für sich gewinnen konnte. Nun muss er sich nachsagen lassen, dass er Präsident von Putins Gnaden sei. Das wird ihm bei seinen Gegnern, aber vor allem bei bisher nicht gänzlich abgewandten Parteifreunden enorm schaden. Denn die nehmen für sich in Anspruch, unter Reagan und Bush senior den Kalten Krieg gewonnen zu haben. Dass ein Ex-KGB-Mann und Adorant der Sowjetunion nun bestimmt, wer ins Weiße Haus einzieht, kann diesen Republikanern nur als bizarrer Treppenwitz der Geschichte gelten.

Zweitens hat Moskau mit diesem Erfolg seine Fähigkeiten im revanchistischen Hybridfeldzug gegen den Westen perfektioniert. Dabei hat sich herausgestellt, dass die nichtmilitärischen Mittel noch effizienter waren als etwa die Intervention in Syrien: Der russische Militärgeheimdienst GRU füttert Wikileaks mit E-Mails des Democratic National Committee. Moskauer Desinformationskanäle wie der TV-Sender Russia Today und die Website Sputnik verbreiten hanebüchenen Humbug insbesondere über Social Media. Ganze Trollfabriken versuchen mit gesteuerten Postings Meinung zu machen. Und viele, viele nützliche Idioten in den Demokratien des Westens setzen unbekümmert die autoritäre Agenda des Despoten im Kreml um.

Das Neue an dieser politischen Beeinflussung ist nicht etwa deren Versuch (auch die Amerikaner sind hier keine Waisenknaben), sondern deren "Qualität" und Intensität – sowie die Wahrscheinlichkeit, dass es für die Moskauer Manipulatoren nun kein Halten mehr gibt. In einer vor Weihnachten publizierten Analyse geht etwa der tschechische Thinktank European Values davon aus, dass Angela Merkel und die deutsche Bundestagswahl das nächste Ziel der russischen Schlapphut-Politik sein werden. Die Mittel der Manipulation könnten massive Desinformation, die Unterminierung des EU-Türkei-Deals, Cyberattacken, Missbrauch der russischen Minderheiten, Unterstützung der extremen Rechten in Europa und ökonomische Einflussnahme sein.

Angesichts dieser Liste scheint auch diese Operation bereits im Gange – und auch gute Beziehungen zu Russland werden daran nichts ändern. (Christoph Prantner, 8.1.2017)