Nach 32 Siegen in bis dato 41 Spielen freuten sich die Vienna Capitals. Das ist Rekord im Grunddurchgang, der noch drei Runden lang währt. Zwischenrunde und Playoff folgen. Wiens Saisonziel ist das Finale.

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Wien – Neues Jahr, neuer Maßstab. Noch ist nicht aller Grunddurchgangstage Abend, doch schon jetzt, drei Runden vor Schluss, haben die zuletzt mit 4:2 in Salzburg siegreichen Vienna Capitals in der Erste Bank Eishockey Liga (Ebel) Historisches geschafft. 32 Siege, das ist der eine Rekord, 94 Punkte, das ist der andere – wobei da wie dort noch etwas hinzukommen könnte. Am Mittwoch gastieren die Capitals beim KAC, am Freitag empfangen sie Graz, am Sonntag Znojmo, erst dann wird endgültig abgerechnet. Fix ist, dass die Wiener nächste Saison an der Champions League teilnehmen werden.

Die Blütezeit in Wien hat manchen überrascht. Nach einer verkorksten Saison mit dem Out im Viertelfinale gegen Villach hatten in der Sommerpause bereits die Unken gerufen. Anfang Juni standen die Capitals noch immer ohne Trainer da. "Wir haben uns absichtlich Zeit gelassen", sagt nun Vereinspräsident Hans Schmid dem Standard, "und mit zwei Kandidaten intensiv verhandelt." Geworden ist es freilich ein dritter Kandidat, nämlich der Kanadier Serge Aubin. Der frühere Center, der in 374 NHL-Partien für Colorado, Columbus und Atlanta 44 Tore und 64 Assists verbuchte, war plötzlich quasi auf der Straße gestanden, als die von ihm betreuten Hamburg Freezers wegen finanzieller Probleme aus der deutschen Liga ausstiegen.

Aubin (41) hatte den NHL-Lockout 2004/05 in Genf überbrückt, später spielte er für Fribourg-Gottéron und für Hamburg, wo ein komplizierter Daumenbruch nach einem geblockten Schuss im September 2012 seine Karriere beendete. Er avancierte zunächst zum Assistenz- und wenig später zum Cheftrainer. Sein Credo: "Ich will meine Spieler in jedem Training besser machen."

Der frühere Werber und nunmehrige Winzer und Wirt Schmid singt Loblieder auf den Mann aus Quebec. "Er arbeitet höchst professionell, ist eine starke Persönlichkeit, fleißig und konsequent." Aubin, der für zwei Jahre unterschrieb, musste Schmid keinen Titel, aber die Förderung heimischer Spieler versprechen. "Wir haben aktuell neun Wiener Spieler in der Mannschaft", sagt Schmid. Der Verein, im Jahr 2000 gegründet, sei vergleichsweise jung. "Aber schön langsam kommt auch unsere Jugendarbeit zum Tragen." Seit 2015 besuchen zwanzig Talente die "Vienna Capitals Hockey Academy" in Kooperation mit der Humboldtschule, in der Schultz-Halle in Kagran wurden zwei Klassenzimmer eingerichtet. Rein sportlich gesehen kümmern sich immerhin elf Coaches um 72 Nachwuchsspieler. Ziel sollte sein, jedes Jahr zwei Youngsters in die Kampfmannschaft zu bringen.

Acht neue Legionäre

Heuer sind die Capitals ein Anwärter auf ihren zweiten Titel nach 2005. Doch mit Eigenbau allein lässt sich keine Meisterschaft gewinnen. Schmid und General Manager Franz Kalla hatten im Frühjahr acht Legionäre ausgetauscht. Noch später als Aubin stieß allein der Einsergoalie dazu. Jean-Philippe Lamoureux, zuvor vier Jahre lang in Villach zu einem der besten Goalies der Liga gereift, war in Verhandlungen mit Salzburg auf keinen grünen Zweig gekommen. Schmid: "Plötzlich war er zu haben, wir haben blitzschnell zugegriffen."

Wobei Aubin auch auf der Torhüterposition an seiner Linie festhält und dem 22-jährigen Backup David Kickert relativ viele Einsatzminuten gibt. Die beiden Wiener Goalies liegen in der Liga-Statistik ganz vorne, in den Scorerlisten lassen die Caps anderen den Vortritt – das spricht allerdings weniger gegen individuelle Qualitäten als für mannschaftliche Geschlossenheit. Saisonziel ist das Erreichen des Finales. Beim Zuseherschnitt in Heimspielen sind die Capitals (3.920) die Nummer zwei hinter Linz (4.685). Doch Zwischenrunde und Playoff stehen noch aus. Es ist längst nicht aller Eishockeytage Abend. (Fritz Neumann, 10.1.2017)